Gegessen wird oft in der Weltliteratur, aber was ist in puncto Essen das Besondere bei Bernhard?
Claus Peymann sagt, es sei schon meisterhaft, wie er seine Figuren über das Essen kennzeichnet. Wie und was sie essen. Das Meisterstück ist der Brandteigkrapfen in „Ritter, Dene, Voss“, inzwischen ein Klassiker. Jeder Bernhard-Junkie kann davon erzählen und die Szene auch gleich im Theaterfoyer nachspielen.
Wie sind Sie mit Bernhard in Berührung gekommen?
Als Schüler ging ich drei Mal pro Woche ins Theater. Das war die Peymann-Zeit in Stuttgart mit den Bernhard-Uraufführungen: „Minetti“ und „Immanuel Kant“ mit Peter Sattmann habe ich gesehen. Bleibend in Erinnerung ist mir aber Gert Voss, der einen Papagei synchronisiert.
Beeindruckend?
Ja. Ich bin ja in den Beruf gegangen, weil ich bei dieser Form des Theaters mitspielen wollte. Ich war 17 Jahre alt, und alle, die später zu Göttern des deutschsprachigen Theaters wurden, fingen da an. Martin Schwab, Kirsten Dene, Gert Voss, Branko Samarovski … Aber diese Projekte von rückwärts sprechenden Diversen mit deutschen Obertiteln heute sind nicht mehr so mein Ding.
Was haben Sie beim Road-Trip kulinarisch erlebt?
Sie müssen sich vorstellen, ich habe dreimal zu Mittag gegessen wegen der Fotos fürs Buch. Aber es hat so unglaublich gut geschmeckt. Der Wurstsalat beim Kirchenwirt in Ohlsdorf. Das ist meine Lieblingsrichtung: rustikales Essen – perfekt gemacht. Oder: Tafelspitz in Gmunden im Hotel Schwan, butterweich, fantastisch. Und im Gasthof Klinger hab ich von der Frittatensuppe freiwillig drei Portionen gegessen.
Chapeau!
Alle diese Gastwirte reden ja über Bernhard wie Fans über einen Fußballspieler. Beim Kirchenwirt, so wird erzählt, saß seinerzeit immer einer am Tisch dabei, der hieß der Narrisch-Hansl. Und Peymann war total begeistert, weil der Narrisch-Hansl nur ab und zu so Sätze wie Kalendersprüche sagte. Dann rief Peymann: „Was dieser Mann spricht, ist reine Literatur.“ Da hängt – gerahmt – auch die Eintrittskarte für die Uraufführung von „Heldenplatz“ an der Wand. Man versteht, wo die Basis von Bernhard liegt. Man kommt rein und glaubt, man ist in einem Bernhard-Stück.
Dabei wurde er als „Nestbeschmutzer“ wie kein anderer gehasst und angefeindet.
Natürlich. Insofern ist ja heutzutage nicht mehr vorstellbar, dass ein Theaterstück noch so einen Skandal auslösen kann. Was heute am Theater passiert, ist den Leuten ja vollkommen gleichgültig. Es hat sich letzten Endes ausprovoziert. Man hat schon alles gesehen: nackt, halbnackt, Bergstiefel, Hakenkreuz ...
Also gilt: „In Wien musst erst sterben, dass sie dich hochleben lassen. Aber dann lebst lang“, wie Helmut Qualtinger illusionslos sagte.
Das ist wahrscheinlich überall so und wahrscheinlich der bessere Ruhm. Die Leute, die schon zu Lebzeiten angehimmelt werden, das ist ja meist nichts, oder?
Es heißt: Essen sei der Sex des Alters. Wie ist Ihre Wahrnehmung dazu?
Bei mir das beste aus beiden Welten: Ich esse beim Sex.
Wie bitte? Ich kenne nur die Zigarette danach.
Ich kenne die Zigarette anstatt (lacht). Nein, ich lasse mich füttern beim Sex.
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