Hans Werner Henze suchte den "wilden Wohlklang"
Woher nahm er die Kraft, auch jenseits der 80 noch Werk auf Werk zu schaffen? Hans Werner Henzes Antwort war kurz: "Todesangst."
Der deutsche Komponist fand es gut, "wenn die Leute an nichts glauben. Keine Religion. Mit dem Tod ist finita la commedia. Es macht unser Leben intensiver und klüger, wenn wir das wissen." Am Samstag ist Henze mit 86 in Dresden gestorben.
Sir Simon Rattle fand: "In seiner Musik schlägt ein sehr deutsches Herz."
Henze komponierte bereits als Kind Klavierstücke. Den internationalen Durchbruch schaffte er, der mehr als 40 Bühnenwerke und zehn Sinfonien schrieb, mit der Oper "Der junge Lord" (1964) – in Zusammenarbeit mit der Dichterin Ingeborg Bachmann. Mit ihr verband ihn eine tiefe Freundschaft.
Seine Opern provozierten Eklats und wurden gefeiert. Als radikaler Nonkonformist kehrte er dem Muff der Adenauer-Jahre den Rücken und übersiedelte nach Italien.
Wandlungsfähig
Als erklärter Pazifist und Antifaschist ergriff er 1968 Partei für die aufbegehrenden Studenten. Er solidarisierte sich mit den kubanischen Revolutionären, widmete Che Guevara sein Oratorium "Das Floß der Medusa" und beherbergte den vom Attentat genesenden Rudi Dutschke.
Henze galt als Rebell und Außenseiter, der für den Geschmack der musikalischen Avantgarde zu gefällig komponierte. Er hatte "von Anfang an Sehnsucht nach dem vollen, wilden Wohlklang". Dazu nutzte er auch Klänge vom Barock bis zu Richard Strauss, ja bis zum Jazz.
Er schrieb neben Werken für Orchester, Ballett, Kammermusik auch für Kinder, etwa die Oper "Pollicinio", und gründete Festivals, etwa in Montepulciano nahe seinem langjährigen Wohnort Marino in Italien.
Bilanz eines reichen Lebens, nachgezeichnet vom Biografen Jens Rosteck in "Hans Werner Henze – Rosen und Revolutionen" (Propyläen Verlag): "Die Musik war eine Art Belohnung für die vielen schwierigen Dinge, die ich erlebt habe."
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