"Mein Leben? Jazz und Frauen!"

Jazz-Saxofonist Hans Salomon, Saxophon
Hans Salomon wird 80 und war schon dabei, als der Jazz in Österreich noch in Kinderschuhen steckte

Im Bett mit Sarah Vaughan, ist die Göttliche in seinen Armen eingeschlafen. „Davor war noch nichts“, erzählt Hans Salomon vom Beginn einer heftigen Affäre während einer Konzertreihe bei der Weltausstellung in Brüssel 1958. Der Saxofonist aus Wien war 25. Die Jazz-Sängerin 34 – und ein Star.

„Ich saß in einem Jazzclub neben ihr und sagte: ,Sarah, I'm in love with you.‘ Am nächsten Tag küssten wir uns in ihrer Garderobe, und sie sagte: ,I’m very shy.‘“ Aber nach rassistischen Pöbeleien in einem Restaurant ist die Stimmung weg.

Am nächsten Morgen reist „Sassy“ weiter auf Tournee und ruft zwei Tage später aus San Remo in Wien an: „Ich vermisse dich so sehr.“

Darauf kratzt Salomon sein letztes Geld zusammen, fährt ihr bis nach Ostende nach und steht plötzlich in ihrer Hotel-Suite: „Sie schickte sofort ihre Entourage weg, und wir haben am ersten Nachmittag sehr viel nachgeholt. So viel, dass sie am Abend dann nicht sehr gut gesungen hat.“

Hochaktiv geblieben

Der Titel einer ihrer besten Platten, „How Long Has This Been Goin' On“ von 1978, passt auch auf Hans Salomon, dessen 80. Geburtstag mit einem Konzert am 10. 9. im Porgy & Bess und einer Gala am 30. 9. im Ronacher gefeiert wird.

Salo“ hat den Ruf Österreichs als „Jazznation“ mitbegründet. Nicht viele Musiker aus Good Old Europe standen mit Louis Armstrong auf der Bühne – wie Salomon: Am 7. Juli 1958 spielte er gemeinsam mit Erich Kleinschuster in der Newport International Jazzband mit Satchmo „On The Sunny Side Of The Street“.

Salomon hat zwei große Leidenschaften im Leben: den Jazz und die Frauen. Davon erzählt auch die von Horst Hausleitner verfasste Biografie: „Jazz, Frauen und wieder Jazz“ (Seifert Verlag), die im September erscheint.

Swing bis Hip-Hop

„Er ist der letzte Grande dieser Ära“, sagt Jazz-Experte Klaus Schulz. Und er tritt immer noch lieber live auf, statt sich zu Hause beim Fernsehen zu langweilen, zum Beispiel im „Pappas“ am Naschmarkt. Oder mit seinem Sohn Roman in dessen Hip-Hop-Gruppe DeWieners.

Begonnen hat alles nach Kriegsende. „Da hörte ich zum ersten Mal Jazz und war ins Herz getroffen“, erinnert sich Salomon. „Bis dahin war das ja die Musik des Feindes.“

Er verkauft die Schmalzbrote, die ihm seine Mutter in die Schule mitgibt, um zunächst zu einer Klarinette kommen. „Ein Saxofon bekam ich erst durch eine italienische Freundin. Sie war 14 Jahre älter als ich, meine große Liebe in all den Jahren, allerdings verheiratet“, erzählt lächelnd Salomon, der große Erotomane, der selber fünf Mal verheiratet war.

Sein Instrument erlernt er bei Fatty George und Hans Koller und tritt schon bald in Wiens Szenelokalen der 40er- und 50er-Jahre auf, dem „Bebopera-House“ im „Bratwurstglöckerl“, dem „Strohkoffer“ im „Art Club“ u. a. Der Cool Jazz ist der Sound der Zeit. Und Salomons Spiel nach der Emanzipation vom Vorbild Lee Konitz geprägt von Eleganz und nobler Zurückhaltung.

1954 formiert sich das Quintett Austrian All Stars mit Joe Zawinul am Piano und Salomon am Altsax. Der musiziert auch schon mit Lional Hampton im Konzerthaus.1958 spielt er als Vertreter Österreichs in der Newport International Youth Band beim renommierten Jazz Festival in Newport und New York. „Direkt vor der Bühne saßen alle Stars: John Coltrane, Cannonball Adderley, Gerry Mulligan und Miles Davis. Die hörten sich an, wie die Europäer spielen“, erinnert sich Salomon. „Als ich nach vorne zum Mikrofon ging, hatte ich das Gefühl, ich gehe zum Schafott.“

Aber der Wiener überzeugt. Und es folgen Aufnahmen mit Louis Armstrong. Miles lobt „Salo“ im Interview als herausragenden Solisten: „Und später hat er mich in Fatty’s Saloon auf ein Glas Sekt eingeladen.“

Vom Selbstmord seiner zweiten Frau Heidi tief getroffen, fliegt Salomon später wieder über den Atlantik – auf Einladung der amerikanischen Soul-Sängerin Marlena Shaw: „Wir sind uns in Las Vegas dann auch nähergekommen.“ Er lernt u.a. Tony Bennett kennen. Aber für immer in Amerika bleiben will er doch nie: „Ich hatte nicht Zawinuls Muhammad-Ali-Mentalität und wollte mich auch nicht der Mafia in Las Vegas ausliefern.“

Königliche Jam-Session

Also spielt Salomon mit der Johannes Fehring Big-Band Konzerte mit Ella Fitzgerald, Lionel Hampton u. a. Auch mit Thailands König Bhumibol Adulyadej, dem Salomon sein Altsax leiht: „Danach waren wir zum Abendessen eingeladen am Tisch des Königs mit seiner Frau Sirikit, und unser Bassist Rudi Hansen sagte beim Abschied: ,Royal Highness, wenn Sie wieder einmal in Wien sind, let us know!‘“

Als Rolf Kutschera 1965 ein Orchester für das Theater an der Wien sucht, um Musicals zu spielen, wird das Orchester Johannes Fehring engagiert – und Salomon ist von Anfang an dabei. Ebenso wie kurz danach beim Erich Kleinschuster Sextett und später bei der ORF-Bigband.

"Mein Leben? Jazz und Frauen!"
Buch-Cover
Salomon komponiert und arrangiert Plattenalben für Art Farmer, Stan Getz, „Toots“ Thielemans, Peter Alexander u. a. und löst mit „Wia a Glock’n“ – Marianne Mendts Hit – die Austropop-Welle aus. Und Ray Charles lässt sich in der Staatsoper beim Jazz Fest Wien von seiner Vienna Big Band Machine begleiten: „Er fühlte sich wohl dabei, während er kurz davor ein Konzert einfach abgebrochen hat, weil er mit der Band unzufrieden war.“

INFO: A Tribute To Hans Salomon“, 80th Birthday Gala am 30. September (19.30 Uhr) im Ronacher, Benefiz zugunsten „Künstler helfen Künstler“, mit DeWieners, Viktor Gernot, Maya Hakvoort, Michael Heltau, Erich Kleinschuster, Marianne Mendt, Richard Oesterreicher, Toni Stricker u.a. Karten www.musicalvienna.at

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