Halb Europa im Krimikuddelmuddel

Halb Europa im Krimikuddelmuddel
Die EU funktioniert. Am Theater zumindest perfekt. Selbst dann, besonders dann, wenn es sich deren nicht ganz so perfektes Funktionieren zum Thema gewählt hat.

Drei in Wien gern gesehene Gäste präsentieren sich heuer mit einer gemeinsamen Arbeit: Der englische Dramatiker Simon Stephens hat ein Stück geschrieben, das Regisseur Sebastian Nübling mit Schauspielern der estnischen Truppe Teater NO99, der Münchner Kammerspiele und des Londoner Lyric Hammersmith Theatre auf die Bühne hebt.

Lustig ist das nicht. Aber aberwitzig, schwarzhumorig, eine bitterböse Parabel.

Vereinter kann Europa kaum mehr sein als in diesem Dreiländerprojekt. Das nicht nur in drei Sprachen gespielt wird, sondern auch mit allen Klischees spielt, die es vom „halbseidenen" Baltikum übers „korrekte" Deutschland bis zum „coolen" Großbritannien gibt.

Three Kingdoms, so der Titel, ist ein Krimi. Einer, in dem es um internationalen Menschenhandel, Zwangsprostitution und eine brutale Pornoindustrie geht. In der Themse wird der abgesägte Kopf einer „Ost- Nutte" gefunden – die hatte ihn wohl zu weit Richtung Freiheit vorgestreckt ...

Lustig ist das nicht. Aber aberwitzig, schwarzhumorig, eine bitterböse Parabel über Zustand und Zerfall innerhalb von Grenzen, die es auf dem Papier gar nicht mehr geben soll. Ein Kuddelmuddel, eine Sprachverwirrung von babylonischen Ausmaßen. Zwei Londoner Polizisten, der großartige Nick Tennant und Ferdy Roberts, wie von Edgar Wallace erfunden, machen sich also auf, um auf dem Festland nach dem Rechten zu sehen. Den treffen sie dann auch, in Form eines mephistophelischen deutschen Beamten, der die arglosen Inselbewohner in einen sumpfigen Tallinner Albtraum treibt. In dem es die Darsteller vom NO99 gewohnt gekonnt akrobatisch treiben. Die Lösung des Rätsels ist – phänomenal. Mehr sei nicht verraten.

Nur, dass mit Three Kingdoms ein Theaterexperiment von besonderer Klasse probiert wird. Ausprobieren!

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