Hal Foster übt Kritik an Star-Architekten

Hal Foster übt Kritik an Star-Architekten
KURIER-Interview: Der US-Theoretiker, am 31. Jänner zu Gast im Wiener MAK, polarisiert mit seinen Thesen zu Design und Architektur.

Er ist eine Koryphäe der Kunstwissenschaft, polarisiert aber auch mit seinen Thesen zu Design und Architektur. Im Rahmen der MAK-Schau „Erschaute Bauten“ kommt Hal Foster am 31. Jänner nach Wien .

KURIER: Das MAK zeigt Ikonen der modernen Architektur, die mithilfe künstlerischer Fotos teils „entmystifiziert“ werden. Ihr Argument dagegen besagt, dass neue Architektur so sehr vom Image besessen ist, dass sie eine andere Entmystifizierung braucht.

Hal Foster: Wir neigen dazu, anzunehmen, dass die fotografische Vermittlung avancierter Architektur ein Phänomen der Nachkriegszeit ist. Aber das ist nicht der Fall. Meister der Moderne wie Mies van der Rohe oder Le Corbusier gingen sehr geschickt mit Abbildungen in Magazinen und Zeitungen um. Der Unterschied zur zeitgenössischen Architektur liegt darin, dass diese oft von Anfang an als Image geplant wird – als neues Markenzeichen für eine Institution, als Logo für eine Stadt oder einen Staat. Ein Hauptzweck eines solchen Gebäudes ist sein „Marktanteil“ in den Medien, seine Verbreitung im Internet und in unserem Bildgedächtnis.

Unter den Gebäuden, die in den vergangenen Jahren von Star-Architekten geplant wurden, waren besonders viele Museen. Warum?

In einer postindustriellen Ökonomie, die auf Kultur und Entertainment, Dienstleistungen und Sport baut, sind Museen von Star-Architekten besonders begehrt. Die zeitgenössische Kunst ist auch kein passives Objekt in diesem Prozess: Manchmal haben allein die ausufernden Dimensionen von Kunstwerken dazu geführt, dass Lagerhäuser oder Fabriken in Galerien oder Museen umgewandelt und Arbeiterviertel als stylishe Tourismusziele neu geboren wurden. Die Verschmelzung des Kulturellen und des Ökonomischen ist ein Charakteristikum des zeitgenössischen Kapitalismus. Sie ist nicht nur der Grund für die Prominenz von Museen, sondern auch dafür, dass diese Institutionen im Dienst einer „Erfahrungsökonomie“ umgestaltet werden.

Die großen Architektur-Gesten von Frank O. Gehry oder Norman Foster erscheinen heute oft schon als ein Phänomen der Vergangenheit. Liegt das nur an der veränderten Wirtschaftslage?

Die Wirtschaftskrise, die im Herbst 2008 begann, schien spektakuläre Architektur infrage zu stellen. Aber man behauptete bereits, dass 9/11 diese Architektur umbringen würde, und es ist nicht passiert. Ein Norman Foster hinterlässt auch andere Spuren als ein Gehry: Er ist weniger spektakulär als global. Sein Büro plant Gebäude für eine neue Moderne, getrieben von einer Wirtschaft, die nicht nur Räume für Kultur und Unterhaltung, sondern auch eine neue Infrastruktur für den internationalen Fluss der Güter und Dienstleistungen braucht – neue Brücken, Bahnhöfe, Flughäfen. Foster hat, wie auch Richard Rogers und Renzo Piano, in dieser Hinsicht einen „globalen Stil“ entwickelt.

Welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung? Durch digitale Planungswerkzeuge scheint die Architektur weniger greifbar – und „bildhafter“ – zu werden.

Es geht nicht nur um die Werkzeuge, sondern auch um neue Materialien, deren tektonische Eigenschaften nicht so offensichtlich sind wie etwa bei Stahl und Glas. Wenn digitale Werkzeuge erlauben, alles zu planen, erlauben diese Materialien, prinzipiell alles zu bauen.

Das Resultat ist, dass die bautechnische Transparenz, die in der Moderne als Tugend galt, keine Tugend mehr ist: Es geht um „Image“, „Atmosphäre“, „Intensität“. „Transparenz“ hatte auch eine demokratische Bedeutung: Die durchschnittliche Person konnte sehen, wie die Dinge funktionieren. Das ist bei den neuen Begriffen nicht so.

Bauten und Bilder: Buch und Vortrag

Hal Foster übt Kritik an Star-Architekten

Zur Person Hal Foster, 1955 in Seattle geboren, leitet das Institut für Kunst & Archäologie an der Universität Princeton. Er ist Mitherausgeber der Fachzeitschrift „October“ und Autor zahlreicher Bücher, zuletzt: „The Art-Architecture Complex“ (Verso Books, 2011; 25,99 €).

Vortrag Am Dienstag, den 31. Jänner, spricht Foster im MAK mit dem Kurator der Schau
„Erschaute Bauten – Architektur im Spiegel zeitgenössischer Kunstfotografie.“ Zuvor ist am 28.1. der Architekt Hani Rashid Vortrags-Gast, die Schau selbst läuft bis 22.4.

Kommentare