Häuser haben die Gesichter der Toten
Schön, dass der Verlag gar nicht versucht, uns im Klappentext weiszumachen, dass die neun Erzählungen – wegen der Tragik, der Aktualität oder irgendwas – eine Einheit bilden (und Roman sind). Der gemeinsame Nenner ist DeLillo, einer der größten zeitgenössischen US-Schriftsteller. Das reicht doch völlig. Die Schauplätze sind klein gehalten, ein Park, ein Sturm, eine Raumkapsel, ... trotzdem steckt alles und noch mehr in ihnen.
Der Ton ist leise, obwohl man schreien könnte über den Verfall. Z. B. bei Bildern aus der Bronx, von dort stammt DeLillo: Nonnen verteilen Essen, Kinder schlagen sich allein durch – und sind sie tot, werden ihre Gesichter auf die Wände der Ruinen gesprayt. Selten schrieb und schreibt der heute 76-Jährige „short stories“. Selten gute schreibt er. Seine Sätze sind zumindest Bedrohung. Oft schlagen sie zu.
KURIER-Wertung: ***** von *****
Wer hat die Kinder zu Mördern gemacht?
Wenn Kinder glauben, sie wissen alles über ihre Eltern, können sie kaltherzig werden. Manche wissen mehr, als sie sollten. Andreja weiß, woher die riesigen Tränensäcke unter den blauen Augen ihrer winzigen Mutter Christina stammen. Die zitternd auf der Parkbank sitzt und die Wodkaflasche an sich drückt. Warum, Gott, hast du anderen Kindern Mütter gegeben und mir nur dieses Wrack?
Ein herzzerreißendes, schreckliches Buch hat die Bulgarin Teodora Dimova, 52, mit „Die Mütter“ geschrieben: Am Ende töten Jugendliche. Die Geschichte basiert auf einem Mordfall, der sich 2004 in Plovdiv zugetragen hat. Zwei vierzehnjährige Mädchen töteten ihre Mitschülerin. Wer hat die Kinder zu Mördern gemacht? Die Kinder, sagt Dimova, haben nicht genug Liebe bekommen. Sie zählt zu den wichtigsten Autorinnen ihrer Generation.
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