Gutachten: Burgtheater war nie zahlungsunfähig

Burgtheater
Überschuldet? Insolvent? Mitnichten – laut einem Gutachten im Auftrag der Staatsanwaltschaft.

Alles nur Theaterdonner? Im Frühjahr 2013 sprach Matthias Hartmann, seit dem Herbst 2009 Direktor des Burgtheaters, mehrfach die finanziell angespannte Lage an. Dem Haus drohe – aufgrund der seit einem Jahrzehnt so gut wie nicht erhöhten Basisabgeltung – der "langsame Erstickungstod".

Im Herbst 2013 sagte er: "Der Zeitpunkt, an dem das alles nicht mehr finanzierbar ist, der Zeitpunkt, auf den wir immer gewartet haben, ist nicht nur da, er ist unerkannterweise überschritten worden, und es gibt kein Schönreden, kein Aufschieben und keine Tricks, um diesen Zeitpunkt zu kaschieren." Wenig später wurde Silvia Stantejsky, seine Stellvertreterin, gefeuert.

Schließlich, Mitte März 2014, ereilte ihn das gleiche Schicksal. Hartmann wehrte sich mit Händen und Füßen. Denn er hatte doch versucht, Licht ins Dunkel zu bringen. Für ihn war Georg Springer, der Chef der Bundestheater-Holding, hauptverantwortlich für die Misere – und für das Abwiegeln. Denn der von Hartmann beigezogene Experte Peter F. Raddatz gab zu Protokoll: "Auf meinen Hinweis, dass das Burgtheater eigentlich insolvent sei, entgegnete Herr Dr. Springer, dass die Liquidität des Burgtheaters gesichert sei."

Nun ja – ein Gutachten, das die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption in Auftrag gegeben hat, bestätigt die Ansicht von Springer. Und es widerspricht indirekt der Ansicht von Raddatz bzw. allen, die behaupteten, dass die Burg unter der Geschäftsführung von Hartmann und Stantejsky zahlungsunfähig gewesen sein müsse.

"Positive Barbestände"

Aufgrund der Kennzahlen zur Finanzsituation folgert der beigezogene Sachverständige, dass die Burg zwar "keine nennenswerten liquiden Mittel" hatte, aber dass "immer wieder positive Barbestände vorhanden gewesen" seien, "sodass von einem dauernden Mangel an flüssigen Mitteln nicht gesprochen" werden könne. Die Verbindlichkeiten stiegen unter Hartmann zwar an – von 6,97 Millionen Euro im Jahr 2008 auf 16,59 Millionen im Jahr 2011; doch der Schluss, dass die GmbH nicht im Stande war, die fälligen Schulden binnen angemessener Frist zu tilgen, könne nicht geschlossen werden.

Abgesehen davon, dass es keine nennenswerten Zahlungsschwierigkeiten gegeben haben dürfte, konnten auch keine Anhaltspunkte für eine Zahlungsunfähigkeit gefunden werden. Der Staatsbetrieb ist eben kreditwürdig.

Die Oberstaatsanwälte gaben sich damit aber nicht zufrieden. Sie wollten wissen, wie es sich ausgewirkt hätte, wenn die Burg keine zusätzlichen Finanzspritzen der Holding (600.000 Euro im Herbst 2008 und eine Million im Februar 2013) erhalten hätte. Das Ergebnis bleibt das gleiche: Keine Hinweise auf eine vorliegende Zahlungsunfähigkeit.

Eine sehr schnell liquiditätswirksame Maßnahme wäre z.B. die Reduktion der (vielen) Premieren gewesen; aufgrund der "guten Bonität" wäre der Burg wohl auch ein höherer Kredit gewährt worden – und ein solcher wäre "wirtschaftlich durchaus vertretbar gewesen". Vielleicht hat die Burg sogar vorschnell gehandelt, als sie im April 2014, nach dem Bekanntwerden des "Finanzskandals", ihre Probebühne an die Bundestheater-Servicegesellschaft um 7,5 Millionen Euro verkaufte und gleichzeitig anmietete. Denn es gab laut Gutachten keine Hinweise für das Vorhandensein einer Zahlungsunfähigkeit; die Transaktion führte vielmehr zu einem "Überhang an liquiden Mittel".

Die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sind damit aber – entgegen anderslautenden Medienberichten – noch nicht abgeschlossen. Und selbst wenn keine Anklage erhoben werden sollte, bedeutet das nicht, dass Hartmann unrechtmäßig gefeuert wurde. Springer aber wäre rehabilitiert.

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