Gustaf-Gründgens-Preis an John Neumeier

Gustaf-Gründgens-Preis an John Neumeier
Der politisch umstrittene Theatermann John Neumeier erhielt den heuer erstmals vergebenen Gustaf-Gründgens-Preis

John Neumeier, seit 1973 Ballettchef in Hamburg, hat den erstmals vergebenen Gustaf-Gründgens-Preis erhalten. Gründgens, der legendäre, aber wegen seiner Karriere während der Nazi-Herrschaft politisch umstrittene Theatermann, war von 1955 bis 1963 ein außergewöhnlich erfolgreicher Intendant des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg, in dem der Preis am Sonntag an den 70-jährigen Neumeier verliehen wurde.

Der Schirmherr der Veranstaltung, Altbürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD), verglich Gründgens künstlerisch mit Neumeier: Beide hätten sowohl durch Sprache als auch durch Form gewirkt, sagte Dohnanyi. Der mit 15.000 Euro dotierte Preis, der alle zwei Jahre verliehen werden soll, ist eine Stiftung des Schauspielhauses und des Hamburger Lions Clubs. Er soll Persönlichkeiten auszeichnen, die durch ihr Lebenswerk einen bedeutenden Beitrag zur darstellenden Kunst in Hamburg geleistet haben.

Führte Tanz in eine revolutionäre Richtung

Der Laudator Neumeiers, Schauspieler Christian Quadflieg, rekapitulierte Leben und Schaffen des Choreographen, der im US-Bundesstaat Wisconsin geboren wurde und vor seiner Tätigkeit in Hamburg bereits in Kopenhagen, London, Stuttgart und Frankfurt/Main wirkte, Als Ballettdirektor und Chefchoreograph, als Ballettintendant der Staatsoper und als Direktor der von ihm gegründeten Ballettschule in Hamburg habe Neumeier, wie Quadflieg sagte, "den Tanz in eine revolutionäre Richtung geführt, ohne die klassischen Wurzeln zu zerstören".

Eine offizielle kritische Würdigung von Gründgens` Bedeutung blieb aus - einzig eine eintägige, von Gymnasiasten geschaffene Ausstellung erinnerte an dessen Position in der Theatergeschichte.

Quadflieg, Sohn des Gründgens-Schauspielers Will Quadflieg ("Faust"), brachte persönliche Eindrücke ein: "Eine unendliche Einsamkeit umgab den Privatmann Gründgens", sagte der Schauspieler und verteidigte die politische Rolle des charismatischen Intendanten. Der habe das Berliner Schauspielhaus im Dritten Reich "frei von brauner Ideologie" geführt und "konnte jüdische Kollegen im Ensemble verstecken".

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