"Ich glaube einfach an Karma“
Auch er, Guillaume, hinterfrage gern, warum er in seinem Leben bestimmte Entscheidungen getroffen habe. Canet: „Aber auch wenn sich im Nachhinein zeigt, dass es die falsche Entscheidung war, war es eine Entscheidung, dir für mich notwendig war. Du gibst etwas auf in deinem Leben und das öffnet dir wieder eine Tür für etwas Neues. Ich glaube einfach an Karma“.
Kommt ihm das bekannt vor, dass er zu viel arbeitet und keine Ruhe mehr im Leben findet? - „Ja, ich brauche das wirklich von Zeit zu Zeit, dass ich mich aus dem Alltag zurückziehe, um Ruhe zu finden. Ich arbeite in einem Business, das fordernd ist bezüglich Emotionen und Sensibilität. Du musst ganz viel von dir selbst geben und dich dann wieder füttern und aufpäppeln, damit du nicht innerlich erodierst. Damit du nicht nur Leere spürst“.
Die Arbeit mit Regisseur Stéphane Brizé fand Canet bereichernd. „Ich mag seine Art zu arbeiten, die Art, wie er seine Schaupieler aus der Reserve lockt. Er gibt dir deinen Text jeweils am Vortag, aber du kennst nicht den gesamten Dialog. Oder du kriegst den Dialog, aber die Zeilen sind nicht den Schauspielern zugeordnet. Du bekommst also einen Text, der sagt, du sitzt in einer Bar. Sie kommt rein und du fragst sie, ob sie etwas trinken will. Sie antwortet: ,Ja, ich will ein Cola’ und du bestellst ein Cola beim Kellner. Aber ihr hat Stéphane einen anderen Text gegeben. Wir beginnen also unsere Szene und ich frage sie „Willst du einen Drink?“ Und sie sagt darauf „Nein, danke“. Darauf ich ganz erstaunt: „Bist du sicher?“ Es ist genau dieser Moment der Überraschung, der so wahrhaftig ist. Denn im echten Leben weißt du ja auch nicht, was der andere antworten wird. Du musst zuhören, Stéphane zwingt dich dazu. Das finde ich großartig. Die Szenen fühlen sich improvisiert an, doch es gibt ein klares, vorgegebenes Script.“
Von seiner Filmpartnerin Alba Rohrwacher schwärmt Canet in höchsten Tönen: „Sie ist großartig, ich liebe sie. Die Chemie zwischen ihr und mir stimmt, was die Arbeit zum Vergnügen machte. Du kannst auch kein altes Liebespaar spielen, wenn du dich nicht gut verstehst. Das merken die Leute. Außerdem ist Alba eine sehr lustige Person. Wir hatten viel Spaß“.
Was macht ihn glücklich als Schauspieler? „Ich mag die Vorbereitung auf eine Rolle. Darüber nachzudenken, was ich daraus machen kann, wie ich das machen werde. Am besten sind dann die ersten Takes, wenn du am Set vor deinem Partner stehst und das Drehbuch plötzlich zum Leben erwacht. Wenn das Abstrakte real wird. Das ist aufregend. Dazu die Spannung und Interaktion zwischen den Darstellern, mögliche Pannen, unvorhergesehene Momente“.
Canet ist durch seine Ehe mit Superstar Marion Cotillard begehrtes Objekt der Boulevardpresse, beide sind ständig unter Beobachtung. Sieht er diesen Celebrity-Status als Bürde oder als Ehre? „Ich sehe mich nicht als Star und lebe auch nicht wie eine Celebrity. Ich mache, was ich will und lasse mich nicht beirren. Ich lese seit einigen Jahren keine Zeitungen mehr und weiß daher auch nicht, was über mich geschrieben wird. Ich will es nämlich gar nicht wissen. Weder Kritiken meiner Filme noch irgendwelche dummen Berichte über mein Privatleben. Mit 50 habe ich so viel Selbstvertrauen, dass ich mir sage, ich versuche bei der Arbeit mein Bestes zu geben. Wenn manche Leute finden, dass ich etwas falsch gemacht habe, dann steht ihnen das zu. Aber ich will mich nicht schlecht fühlen, wenn ich so was lese. Was für mich zählt, ist die Reaktion des Publikums. Wenn ich merke, dass die Leute einen Film nicht mögen, für den ich mich total ins Zeug gelegt habe, dann gibt mir das schon zu denken. Aber prinzipiell bin ich so fordernd und streng zu mir selbst, dass niemand mich belehren oder kritisieren muss“.
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