Sinnieren über die Baustelle Menschheit

„Gunkl“ ist der Philosoph unter den Kabarettisten und sinniert munter über die Menschheit
Gehirn-Jogging mit Günther "Gunkl" Paal, dem Philosophen auf der Kabarettbühne.

Er war ein schwieriges Kind. Aber die Welt sei gut mit ihm ausgekommen, sagt Günther "Gunkl" Paal in seinem neuen Solo. "So Sachen – Ein Stapel Anmerkungen" hatte Mittwoch im Stadtsaal Premiere.

Heute ist er ein blitzg’scheiter Querdenker mit analytischem Blick auf das Kind von einst und seinem Zweifel an den Erwachsenen und der verqueren Logik des Kasperltheaters. Aber ein Freudenspender für Vernunftbegabte und jene, die seinen gedanklichen Purzelbäumen folgen.

Denn das Credo vom Einstein im Kabarett lautet: "Die Welt ist erklärbar."

Und: "Nicht jeder, der nicht verstanden wird, ist ein Genie." Heißt Erwachsensein mit Widersprüchen leben zu können? Und gibt man für die gute Stimmung die Logik auf? Fragen wie diese führen zur Erkenntnis: Die Welt funktioniert so, wie wir sie schon als Kind nicht verstanden haben.

Warum? Weil es rein statistisch immer mehr Möglichkeiten gibt, etwas falsch zu machen als richtig. Aber was kann man schon erwarten von einer Gesellschaft, die vom Kasperl und seinen Motivationstechniken sozialisiert ist. Die auf ein sinnentleertes "Seid ihr alle da?" bei Kasperl und Pezi genauso begeistert ja gebrüllt hat wie später auf die Frage: "Wollt ihr den totalen Krieg?"

Juhuuu-Zentrum

Bei seinen aktuellen hirnakrobatischen Kunststücken ist Gunkl verschroben wie eh und je, aber weniger abgehoben als sonst. Näher am alltäglichen Leben dran. Schlüssig in der Argumentation sowieso, aber die ganze Konzentration fordernd in der brillanten Formulierung.

Er ist dem Juhuuu-Zentrum im Hirn auf der Spur, behauptet ketzerisch Unglaubliches: "Erkenntnis ist ein lustvolles Erlebnis. Das Hirn will lernen." Und spintisiert: Das Gegenteil von Wissen sei nicht das Nicht-Wissen, sondern der Glaube, "der letzte Schritt, Wissen zu verweigern".

Er hat ein G’spür dafür, wenn es "irgendwo einen Patschen" hat, wünscht sich neben dem Weltkiffer- und Anti-Diät-Tag einen "Tag der glücklichen Kopulation" und seziert die Blinddärme menschlichen Verhaltens und Denkens. Die Religion? Ein "Potemkinsches Kuschelland".

Denn die Wahrheit ist für ihn nicht nur zumutbar, sondern sie hat auch den längeren Atem. Tröstlich wie immer bei Gunkl das als Vision verpackte Fazit: Dass es sich lohnt, auf der "Baustelle Menschheit" an etwas zu arbeiten, von dem wir wissen, dass es wichtig ist – aber auch im Wissen, dass wir dessen Vollendung nicht erleben werden. Oder wie Gunkl früher einmal sagte: Es genüge schon, das wir unsere Sache möglichst besser machen, als es sein muss.

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