Goldener Bär der Berlinale geht an "Synonyme"

Goldener Bär der Berlinale geht an "Synonyme"
Nadav Lapid gewinnt für seinen Film den Goldenen Bären der 69. Berlinale.

Das Drama "Synonyme" über einen jungen Israeli hat bei der Berlinale überraschend den Goldenen Bären gewonnen. Regisseur Nadav Lapid erzählt darin die Geschichte eines Mannes, der in Paris seine israelischen Wurzeln hinter sich lassen möchte. Den Gewinner des Hauptpreises gab Jurypräsidentin Juliette Binoche am Samstagabend in Berlin bekannt.

Die Berlinale gehört neben Cannes und Venedig zu den wichtigsten Filmfestivals der Welt. Es ist das erste Mal, dass ein Regisseur aus Israel den Goldenen Bären gewinnt.

"Synonyme" handelt vom jungen Yoav (Tom Mercier) aus Tel Aviv, der seine Vergangenheit hinter sich lassen will. Er zieht nach Paris und lernt wie wild Französisch, weil er kein Hebräisch mehr sprechen will. Die Geschichte ist angelehnt an Nadav Lapids eigene Biografie.

Lapid wurde 1975 in Tel Aviv geboren, zog nach seinem Militärdienst nach Paris und wieder zurück. "Ich glaube, das sind Fragen, die Menschen überall in der Welt angehen: Wie weit wir uns von unserer Identität lossagen und eine neue entwickeln können", sagte Lapid über seinen Film. Die französisch-israelisch-deutsche Koproduktion galt unter Kritikern nicht unbedingt als Favorit.

Gelobt sei Gott

Den Großen Preis der Jury holte am Samstagabend der französische Regisseur Francois Ozon mit "Gelobt sei Gott" über Missbrauch in der katholischen Kirche. Als beste Darsteller wurden die Chinesen Yong Mei und Wang Jingchun ausgezeichnet: Sie spielen in "So Long, My Son" ein Ehepaar, dessen Schicksal über 30 Jahre hinweg begleitet wird.

Der Silberne Bär für das beste Drehbuch geht an ein Team um den Autor und Mafiakritiker Roberto Saviano. Der Italiener stellte auf der Berlinale den Film "Piranhas" vor, der von einer Jugendbande in Neapel erzählt, die in Drogengeschäfte abrutscht. Geehrt wurde auch der Kameramann Rasmus Videbäk für eine "herausragende künstlerische Leistung" im skandinavischen Film "Pferde stehlen".

Auch deutsche Kandidaten waren bei den 69. Internationalen Filmfestspielen erfolgreich. So ging der Silberne Bär für die beste Regie an Angela Schanelec. Die 57-Jährige erzählt in "Ich war zuhause, aber" davon, wie eine Mutter mit dem Tod ihres Partners umgeht. Es ist aber auch ein Film über die Kunst an sich.

Systemsprenger

Das Drama "Systemsprenger" der deutschen Regisseurin Nora Fingscheidt bekam den Alfred-Bauer-Preis. Damit wird ein Spielfilm geehrt, der "neue Perspektiven eröffnet". Der Film handelt von einem gewalttätigen Mädchen, das von einer Unterbringung in die nächste geschoben wird und das Jugendhilfesystem an seine Grenzen bringt.

Der Beitrag des Wiener Filmemachers Nikolaus Geyrhalter "Erde" wurde mit dem Preis der ökumenischen Jury ausgezeichnet. Ebenfalls prämiert wurde der Film "Die Kinder der Toten", jene Jelinek-Adaption der beiden Nature-Theater-of-Oklahoma-Macher Kelly Copper und Pavol Liska. Er erhielt den FIPRESCI-Preis des Internationalen Verbandes der Filmkritik.

Die Berlinale wurde in diesem Jahr zum letzten Mal von Dieter Kosslick geleitet. Die deutsche Kulturstaatsministerin Monika Grütters würdigte Kosslick als "wahren Filmhelden". Er habe die Berlinale stets an den Fronten der großen, kontroversen Debatten unserer Zeit positioniert. Unter Kosslick habe sich die Berlinale zum größten Publikumsfestival entwickelt.

Rund 400 Filme standen in diesem Jahr auf dem Programm. Nach Kosslick übernimmt eine Doppelspitze die Führung: Neuer künstlerischer Leiter der Berlinale wird der Italiener Carlo Chatrian, ihm zur Seite steht Mariette Rissenbeek als geschäftsführende Leiterin.

Übersicht über die Preise

Die Internationale Jury der 69. Berlinale unter Vorsitz der französischen Schauspielerin Juliette Binoche hat am Samstag die begehrten Bären-Trophäen vergeben. Zuvor kürten zahlreiche unabhängige Jurys ihre Preisträger.

Internationale Jury:

GOLDENER BÄR: "Synonyme" von Nadav Lapid (Israel)

SILBERNER BÄR, GROSSER PREIS DER JURY: "Gelobt sei Gott" von Francois Ozon (Frankreich)

SILBERNER BÄR, ALFRED-BAUER-PREIS für einen Spielfilm, der neue Perspektiven eröffnet: "Systemsprenger" von Nora Fingscheidt (Deutschland)

SILBERNER BÄR FÜR DIE BESTE REGIE: Angela Schanelec für "Ich war zuhause, aber" (Deutschland)

SILBERNER BÄR FÜR DIE BESTE DARSTELLERIN: Yong Mei in "So Long, My Son" (China)

SILBERNER BÄR FÜR DEN BESTEN DARSTELLER: Wang Jingchun in "So Long, My Son" (China)

SILBERNER BÄR FÜR DAS BESTE DREHBUCH: Maurizio Braucci, Claudio Giovannesi, Roberto Saviano für "Piranhas" (Italien)

SILBERNER BÄR FÜR HERAUSRAGENDE KÜNSTLERISCHE LEISTUNG: Rasmus Videbäk, Kamera für "Pferde stehlen" von Hans Petter Moland (Norwegen)

GLASHÜTTE ORIGINAL DOKUMENTARFILMPREIS: "Talking About Trees" von Suhaib Gasmelbari (Frankreich)

BESTER ERSTLINGSFILM DER GESELLSCHAFT ZUR WAHRNEHMUNG VON FILM-UND FERNSEHRECHTEN (GWFF): "Oray" von Mehmet Akif Büyükatalay (Deutschland)

GOLDENER BÄR FÜR DEN BESTEN KURZFILM: "Umbra" von Florian Fischer, Johannes Krell (Deutschland)

SILBERNER BÄR FÜR DEN BESTEN KURZFILM: "Blue Boy" von Manuel Abramovich (Argentinien, Deutschland)

AUDI SHORT FILM AWARD: "Rise" von von Bárbara Wagner und Benjamin de Burca (Brasilien, USA, Kanada)

Preise der unabhängigen Jurys und weitere Auszeichnungen bei der Berlinale (Auswahl):

PREISE DER ÖKUMENISCHEN JURY: "God Exists, Her Name Is Petrunya" von Teona Strugar Mitevska (Mazedonien), "Erde" ("Earth") von Nikolaus Geyrhalter (Österreich), "Buoyancy" von Rodd Rathjen (Australien), "Midnight Traveler" von Hassan Fazili (USA)

FIPRESCI-PREIS DES INTERNATIONALEN VERBANDES DER FILMKRITIK: "Synonyme" von Nadav Lapid (Israel), "Dafne" von Federico Bondi (Italien), "Die Kinder der Toten" von Kelly Copper und Pavol Liska (Österreich)

AMNESTY INTERNATIONAL FILMPREIS: "Your Turn" von Eliza Capai (Brasilien)

PREIS DER GILDE DEUTSCHER FILMKUNSTTHEATER: "God Exists, Her Name Is Petrunya" von Teona Strugar Mitevska (Mazedonien)

PREISE DER CICAE: "37 Seconds" Japan von Hikari (Japan), "Nos défaites" ("Our Defeats") von Jean-Gabriel Périot (Frankreich)

LABEL EUROPA CINEMAS: "Stitches" von Miroslav Terzić (Serbien)

TEDDY AWARD: "Brief Story from the Green Planet" von Santiago Loza (Argentinien)

PANORAMA PUBLIKUMS-PREIS mit radioeins und rbb Fernsehen: "37 Seconds" von Hikari (Japaners), "Talking About Trees" von Suhaib Gasmelbari (Frankreich)

PUBLIKUMSPREIS "Berliner Morgenpost": "Systemprenger" von Nora Fingscheidt (Deutschland)

PUBLIKUMSPREIS "Tagesspiegel": "Monsters" von Marius Olteanu (Rumänien)

GLÄSERNER BÄR FÜR DEN BESTEN FILM GENERATION KPLUS: "Eine Kolonie", von Geneviève Dulude-De Celles (Kanada)

GLÄSERNER BÄR FÜR DEN BESTEN FILM GENERATION 14PLUS: "Stupid Young Heart", von Selma Vilhunen (Finnland)

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