Get Well Soon: „Zurzeit gewinnt die Angst über die Vision“
„Ganz viel Wien“ hat Konstantin Gropper auf seinem Album „The Horror“. Der Mann hinter dem Musikprojekt Get Well Soon hat das heute erscheinende Werk mit einer Software bearbeitet, die den Klang bestimmter Konzert-Hallen nachahmt. Sein Lieblingseffekt: Das Wiener Konzerthaus.
Denn wieder hat der 35-Jährige viel mit Orchester-Klängen gearbeitet. Auch wenn er „The Horror“ als „mein Sinatra-Album“ bezeichnet, ist er damit doch weit von dem Big-Band-Sound von „ New York, New York“ entfernt. „Mich hat vor allem die Sinatra-Phase davor interessiert“, erzählt Gropper im KURIER-Interview. „Das habe ich sehr viel gehört, als ich diese Platte aufgenommen habe. Davon ist vor allem das Crooning eingeflossen, weil ich ein großer Fan von Sinatras Stimme bin.“
Sonst verbindet Gropper mit „The Horror“ gekonnt Stilmittel aus der Klassik, aus der Filmmusik und aus dem Rock zu einem einnehmenden Ganzen, das genauso lieblich wie dämonisch ist. Meistens beides zugleich.
Große Erfolge
Gropper hat das Album nämlich der Angst gewidmet, die sich genauso hinterfotzig anpirscht wie das Bedrohliche in seinen schönen Songs: „Ich wollte thematisch aktuell, aber nicht tagespolitisch sein“, sagt er. „Da drängt sich das Thema Angst auf. Es geht dabei nicht nur um mich, sondern vor allem um Ängste anderer, die ich nicht für gerechtfertigt halte. Darum, wie damit auf der politischen Bühne gerade große Erfolge erzielt werden.“
Ein Schlüsselsong ist „The Only Thing We Have To Fear“, den Gropper angelehnt an das Zitat von Franklin D. Roosevelt geschrieben hat, der bei seiner Amtseinführung als 32. US-Präsident sagte: „Das Einzige, was wir fürchten müssen, ist die Furcht“.
„Ich finde, das ist heute aktueller denn je. Denn zur Zeit geht die Angst wieder in so eine patriotische, populistische Richtung, dass viele sagen, dass sie sich wieder eine starke Führung wünschen. Da gewinnt die Angst über die Vision. Und gleichzeitig geht es in dem Album auch um die Angst vor der Wiederholung der Geschichte. Das Vokabular, das gerade überall grassiert, und wer aller in den Parlamenten in den Regierungen sitzt. Das ist meine Angst, und damit bin ich nicht alleine. Das Interessante dabei: Diese Leute wurden auch aus Angst gewählt.“ Dieses Zeitklima beleuchtet Gropper in den Songs – poetisch, metaphorisch, aber auch mit Humor.
Albträume
Den Titel „The Horror“ hat er gewählt, weil er schwarzen Humor mag, aber auch weil drei der Songs aus Albträumen entstanden sind. „Nightmare No. 1 (Collapse)“ schrieb Gropper, nachdem er träumte, wie rund um sein Haus „erdrutschmäßig“ die Welt wegbrach. „Nightmare No. 2 (Dinner at Carinhall)“ nach einer noch ärgeren Nachtvision.
„Ich habe – eben aus Angst vor einer Wiederholung der Geschichte – eine Zeit lang sehr viele Dokus über das NS-Regime angeschaut. Carinhall war das Jagdschloss von Hermann Göring. Und nachdem ich so eine Doku gesehen hatte, träumte ich tatsächlich, dass ich dort zum Abendessen eingeladen war.“
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