Japan: Das älteste Kaiserhaus der Welt

Ex-Kaiser Hirohito, Noch-Kaiser Akihito, Kaiser-in-spe Naruhito.
Der Tenno zieht sich aus gesundheitlichen Gründen zurück. Sein ältester Sohn folgt ihm auf den Thron

Jahrtausende lang waren sie unnahbar, versteckten sich hinter den dicken Mauern ihrer Paläste: die Tennos von Japan. Der aktuelle Kaiser Akihito machte den großen Schwenk, als er die Tore seines Schosses öffnete, TV-Ansprachen hielt, durch sein Land fuhr und gewöhnlich Sterblichen die Hand reichte. In wenigen Tagen, am 30. April, tritt Kaiser Akihito (85) aus gesundheitlichen Gründen zurück, um seinem Sohn, Kronprinz Naruhito, den Platz auf dem Chrysanthemen-Thron zu überlassen.

Die Verwandtschaft

Im Vergleich zum japanischen Kaiserhaus stecken die Windsors und die Habsburger noch in ihren Kinderschuhen. Akihito ist der 125. Tenno (Kaiser von Japan), seine Vorfahren sind bis ins siebente vorchristliche Jahrhundert nachweisbar. Sie stammen jedoch aus verschiedenen Linien, die oft nur weitschichtig miteinander verwandt waren.

Japans erster Kaiser hieß der Legende nach Jimmu, andere Quellen deuten darauf hin, dass die Herrschaft der Dynastie erst im fünften Jahrhundert n. Chr. begann. Vorbilder für ihr Zeremoniell waren die Kaiser von China.

Die Bedeutung des Tennos hat sich stark gewandelt. Herrschte er anfangs uneingeschränkt, so änderte sich das im Lauf der Jahrhunderte soweit, dass der Kaiser nur noch repräsentative Aufgaben hatte, die Staatsgewalt aber vom „Shogun“ (einem Angehörigen des Militäradels) ausgeübt wurde. Dass die Shoguns vom 12. bis zum 19. Jahrhundert die absolute Regierungsmacht innehatten, kam einer Entmachtung der Tennos gleich, stärkte aber die Monarchie. Denn wer das Regime stürzen wollte, musste den Shogun stürzen und nicht den Tenno, was die Beständigkeit der Dynastie zu sichern schien. Rebellionen gab es trotzdem, nicht selten innerhalb der kaiserlichen Familie. Und dennoch ist Japan heute die älteste ununterbrochene Erbmonarchie der Welt.

63 Jahre lang Tenno

Durch eine Staatsreform im Jahr 1868 erlangte der Tenno wieder größeren politischen Einfluss. Nicht unbedingt zum Segen Japans und des Rests der Welt. Denn Hirohito – der Vater des jetzt abtretenden Akihito – regierte sein Reich 63 Jahre und damit länger als jeder andere Monarch. Und Hirohitos Regentschaft ist von seiner Allianz mit Hitler-Deutschland überschattet.

Kriegsverbrechen

Wie groß Hirohitos Mitschuld an Kriegsverbrechen war – darunter der Einsatz chemischer Waffen und der Befehl zu Gräueltaten an der chinesischen Zivilbevölkerung – ließ sich nie nachweisen, da Japans Generalität Unterlagen, die den Tenno betrafen, vernichtete. Sicher gewusst hat der Kaiser vom Angriff japanischer Truppen auf Pearl Harbor, der den Eintritt der USA in den Krieg zur Folge hatte.

Da Japan nach der militärischen Niederlage lange nicht zur bedingungslosen Kapitulation bereit war, erfolgten Amerikas Atomangriffe auf Hiroshima und Nagasaki, die 230.000 Tote und zahllose Verwundete forderten.

Dass Hirohito, dessen Regentschaft ausgerechnet unter der Devise „Weg des Friedens“ stand, 1946 nicht vor das Tokioter Kriegsverbrechertribunal gestellt wurde – bei dem ihm die Todesstrafe droht e – verdankte er dem US-Oberbefehlshaber in Japan, General Douglas MacArthur, der den Kaiser als bloße Marionette der Militärs sah. Auch Historiker schwanken in ihrer Bewertung des Tennos zwischen „gottgleichem Kaiser“ und Kriegsverbrecher.

Nach dem Krieg erhielt Japan eine parlamentarische Verfassung, und Kaiser Hirohito zeigte sich fortschrittlich. Er hob das System der kaiserlichen Konkubinen auf und unterstützte den unvergleichlichen Wirtschaftsaufschwung seines Landes.

Heute ist Japan eine der modernsten Industrienationen der Welt und mit 126 Millionen Einwohnern eine globale Supermacht. Noch-Tenno Akihito ist vielen Japanern heilig, auch wenn das Kaisertum mehr der Folklore und dem Tourismus dient, als politische Macht auszuüben. Aber das kennen wir ja auch von anderen Monarchien.georg.markus

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