Am 7. Oktober wäre Georg Danzer 75 Jahre alt geworden. Das Wort „wäre“ ist in diesem Zusammenhang besonders schmerzlich. Denn es gibt Anlass zu der Vermutung, dass er seine besten Arbeiten noch vor sich gehabt hat. Abgesehen davon fehlt er als ebenso scharfsichtiger wie warmherziger Beobachter seiner Zeit: Was hätte er zu Trump, Ibiza, Flüchtlingswellen, Klimakrise, Pandemie, Impfgegnern und anderen Erscheinungen unserer Zeit zu sagen gehabt?
Georg Danzer kam 1946 in Wien zur Welt, als Sohn eines Beamten und einer Angestellten, und wuchs in Gaudenzdorf auf. Er bewarb sich an der Akademie der bildenden Künste und studierte Philosophie und Psychologie. Gerhard Bronner – der Vater oder zumindest Großonkel des Austropop – riet ihm, auf die Musik umzusteigen. Was er, nach einer Reise kreuz und quer durch Europa (sein wunderbarer Song „Griechenland“ erzählt davon) auch tat. Zuerst schrieb er für andere, Marianne Mendt, Erika Pluhar, Heller, Ambros.
Seine ersten Platten erschienen weitgehend unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit. Der Durchbruch gelang ihm 1975 mit dem Lied „Jö schau“, in Österreich auch bekannt als „Der Nackerte vom Hawelka“. Das dazu gehörende Album „Ollas leiwand“ ist ein Klassiker, es klingt auch heute noch fantastisch. Seine eine Brücke zwischen Wiener Lied und Bob Dylan schlagenden Lieder machten auch zu einem großen Teil den Reiz der allerersten Folge von „Kottan ermittelt“ aus („Hartlgasse 16 a“): Die graue Atmosphäre des damaligen Wiens, mit Humor und Gespür auf den Punkt gebracht.
Wolfgang Ambros erinnert sich: „Der Georg war damals der erste Mensch, den ich als Kollegen empfand. Er hat mir das Demo für ,Jö schau‘ auf Kassette vorgespielt.“
Es folgte eine Karriere mit vielen Aufs und Abs, einige Jahre lebte er in Deutschland und arbeitete als Übersetzter (Danzer sprach fließend Spanisch). Seine Zusammenarbeit mit Rainhard Fendrich und Wolfgang Ambros in der Formation Austria 3 machte ihn zwischen 1997 und 2006 noch einmal sehr populär.
Seine letzten vier Alben – „Atemzüge“, „Persönlich“, „Von Scheibbs bis Nebraska“ und „Träumer“ – gehören zu den stärksten Platten, die je in Österreich aufgenommen wurden: Großartig poetisch getextete, unaufdringliche Lieder zwischen Chanson und Pop. (Das Wort „Austropop“ mochte er übrigens nie, ebenso wie seinen Spitznamen Schurli.)
Georg Danzer war Zeit seines Lebens für Menschenrechte engagiert, von 2000 bis 2002 war er Vorsitzender der Organisation SOS Mitmensch.
2006 erkrankte der langjährige Raucher Danzer an Lungenkrebs, seinen Kampf gegen diese Krankheit trug er auch öffentlich aus. Am 21. Juni starb er, seine Asche wurde vor seiner Lieblingsinsel Mallorca ins Meer gestreut.
Seine Freunde erinnern sich an einen wunderbaren Künstler und Menschen, warmherzig, humorvoll und meist leise, aber im richtigen Moment auch laut und bestimmt. Danzer konnte sich, wenn er sich ärgerte, ganz wunderbar aufregen.
Im neuen Buch „Sonne und Mond“ würdigen Wegbegleiter sein Leben. Am 30. und 31. Oktober spielen Freunde und Kollegen im Wiener Orpheum seine wunderbaren Lieder. ORF III erinnert am 7. Oktober (ab 22.50 Uhr) mit einer Doku und einem Konzertmitschnitt an Danzer.
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