Das Abklopfen der eigenen Standpunkte auf eingewachsene Überlegenheitsgefühle – insbesondere gegenüber Ländern des globalen Südens – ist für Institutionen mittlerweile zur Pflicht geworden, und der externe Blick soll auch wirklich jeden Vorwurf des Im-eigenen-Saft-Schmorens entkräften.
In der Gemäldegalerie, an deren Ende das berühmte Weltgerichtstriptychon von Hieronymus Bosch nun wieder seinen angestammten Platz eingenommen hat, montierte das Team also Bestände der Gemäldesammlung, des Kupferstichkabinetts sowie Skulpturen der Glyptothek mit aktueller Kunst zu einer Abfolge von „Szenen“, wie es heißt.
Es sind Arrangements, die lose um thematische Ankerpunkte kreisen – Krieg, Sexualität und die Wiener Weltausstellung 1873 lassen sich als solche ausmachen.
Theoretisch geht es dem Kollektiv aber darum, Zeit als Machtfaktor darzustellen – imperiale Mächte hätten sich selbst doch stets einen „Vorsprung“ zugeschrieben und andere in die Position der Nachzügler verbannt.
In der Schau kommt dies alles weit komplexer daher. Wer die Diskurse der vergangenen Jahre peripher verfolgt hat, wird aber nicht wahnsinnig überrascht: Dass etwa Blumenstudien (die Akademie verfügt hier über reiche Bestände) nicht nur der Kunst dienten, sondern auch die Erkundung und Unterwerfung fremder Länder begleiteten, erscheint nicht als große Neuigkeit.
Vollends schräg wird es, wenn das Detail einer kleinen Schlange, die an einer Außentafel des (derzeit halb geschlossenen) Bosch-Altars zu sehen ist, zum „Aal“ umgedeutet und mit Sigmund Freud in Verbindung gebracht wird: Der Begründer der Psychoanalyse hatte nämlich in jungen Jahren versucht, das Geschlecht dieser Fische zu bestimmen.
Der Vorwurf, der dem sogenannten Regietheater oft gemacht wurde, lässt sich auch hier anwenden: Historisches Material ist Rohstoff, es bleibt aber selbst über weite Strecken stumm. Der Kniff, Beschriftungen der Altmeister-Bilder teilweise zu überkleben, lässt die Schau dann entgegen anderslautenden Beteuerungen doch recht didaktisch wirken.
Wie die neue Leiterin der Kunstsammlungen, Sabine Folie, bei der Pressekonferenz durchblicken ließ, soll der „essayistische Zugang“ künftig eher eine Ausnahme sein. In Bewegung werden die neuen alten Räume trotzdem bleiben. Im angrenzenden „xhibit“-Schauraum wird das Thema der Hauptschau von Absolventinnen und Absolventen eigenständig gedeutet, ein Teil bleibt für selbstverwaltete Projekte von Studierenden abgeteilt – hier läuft eine interessante Schau über die Bildhauerin Teresa Feodorowna Ries. Im Schauraum in der nahen Eschenbachgasse gibt es ebenfalls neues Programm.
Auf die Eröffnungszeremonie heute (8.10.) um 19 Uhr folgt ein dichtes Wochenende mit Führungen, Vorträgen und Podiumsgesprächen. Alle Details auf akbild.ac.at
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