Geht für den Türverkäufer eine Tür auf?

Isabella Straub
"Wer hier schlief": Die Wiener Schriftstellerin Isabella Straub lässt einen Mann mit Rudolf Hausners "Adam" durch die Stadt laufen und seine Freundin suchen.

Hinten auf dem Buchumschlag mit dem schlafenden Flamingo steht ein Satz, der ein sehr schöner erster Satz im Roman gewesen wäre:

"Philipp Kuhn schluckt Refluxtabletten und verkauft Sicherheitstüren."

Der erste Satz im Roman heißt aber: "Philipp Kuhn setzte einen Fuß vor den anderen."

Na gut, Kuhn geht also. Kuhn wird viel gehen trotz des Titels "Wer hier schlief". Er trägt eine Druckgrafik aus der "Adam"-Serie von Rudolf Hausner bei sich. Die würde er gern Myriam schenken.

Aber wo ist Myriam?

Kuhn hat alle Zelte abgebrochen bzw. Sicherheitstüren zugeschlagen, er, der Türverkäufer. Er hat seine reiche Lebensgefährtin Vera verlassen, hat dadurch seine Bleibe (= Villa) verloren und seinen Job, denn Vera war seine Arbeitgeberin. So war es mit seiner Freundin Myriam ausgemacht, und nach dem Abschiedsgespräch mit Vera ... ist Myriam verschwunden.

Irrungen

Vielleicht, weil Kuhn nicht nur eine Frau, sondern beide Frauen gebraucht hat?

Die Sicherheit(stür) bei Vera und das Träumen bei Myriam? Sonst noch was ...

Jedenfalls ist sie nicht im Hotel, in dem sie an der Rezeption arbeitete. Und nicht daheim. Die Polizei sucht sie. Eine Verbrecherin soll Myriam sein.

Maler Rudolf Hausner passt gut in die Geschichte: Fantastisch und Realismus.

Die in Klagenfurt lebende Wienerin Isabella Straub ließ sich von seinem Adam-Bild "Labyrinth" inspirieren: Irrungen, Wirrungen, aber man gelangt ans Ziel. Ist nur die Frage, ob es Erlösung gibt oder den Untergang.

Und die Figur des Adam: Er ist ... alle, aber nicht alles. Ihm fehlt etwas, der Mann ist unvollständig. Jeder Mann. Suchen will er: die Liebe, die Mutter, den Vater usw.

Isabella Straub mag Orte bzw. Nicht-Orte: In ihrem Roman "Das Fest des Windrads" ließ die hauptberufliche Werbetexterin eine Karrierefrau wegen einer Eisenbahnpanne auf der Fahrt nach San Marino im ödesten Ort Oed aussteigen.

Die etwas andere Welt für eine Schnöselin. Ein guter Platz für Gesellschaftskritik.

Wenn die Tür zugeht, geht eine andere auf. So heißt es zwar immer, aber Kuhn wird uns zeigen, ob denn das stimmt.

"Wer hier schlief" ist unaufdringlich philosophisch, lebensklug – Isabella Straub ist ein 1968er-Jahrgang – und dabei immer unterhaltsam, scheinbar leichte Kost.

Geheimnisvoll sowieso, denn wer kein Geheimnis hat, ist tot (Seite 212).

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Seite 231:"Vielleicht war das Leben nicht groß. Vielleicht bestand Lebenskunst in der Übung, es klein und gleichförmig werden zu lassen."


Isabella Straub: „Wer hier schlief“
Blumenbar
Verlag.
304 Seiten.
20,70 Euro.

KURIER-Wertung: ****

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