Gefährlich ist das Hummeressen bei Irene Dische
Bestimmt gibt es einige (wenige) Leute, die meinen, der Satan habe die Ehe erfunden, damit er einen Mordsspaß hat.
Im Roman "Schwarz und Weiß" war es die deutsch-amerikanische Schriftstellerin Irene Dische, die eine Ehe erfunden hat, damit sie Spaß hat.
Das ist beim Lesen ansteckend – bis man sich irgendwann, es ist ja ein voluminöses Buch, angesichts der privaten Katastrophe von Lili und Duke fragt: Und sonst?
Sonst nicht viel.
Zu wenig jedenfalls von New York der 1970er-, 1980er-Jahre, als eine Stunde Psychotherapie 50 Dollar kostete und sich’s nur die Reichen leisten konnten, die daheim im 900-Dollar-Bademantel von Versace vor dem Spiegel standen.
Vietnam und Harvard
Dass der Mann – er war am Anfang der Beziehung so sanft und ungebildet, ein schwarzer 19-Jähriger aus dem Süden, der direkt aus Vietnam kam ... und die blonde Lili kam direkt aus Harvard, Tochter aus jüdischer Künstlerfamilie ... dass Duke ein Kapitalverbrechen begehen wird, das erfährt man gleich.
Er sitzt nämlich im Gefängnis und bittet um den Vollzug der Todesstrafe. Seine Mutter ist die Erzählerin im Buch.
Irene Dische nimmt sich viel Zeit bzw. viele Seiten, um Schwarz und Weiß auf dem Weg in die Hölle zu begleiten.
Lili = Model, in jüngeren Jahren sehr erfolgreich. Duke = angeblich Weinkenner, international begehrt, hat selber nicht geahnt, dass seine Nase und sein Mund derart tüchtig sind.
Noch nach zehn Jahren geben Lili und Duke in die New York Times ein aufdringliches Inserat, dass sie so glücklich sind.
Protz und Prunk, und wenn kein Hummer und kein Champagner mehr da sind, kommen die Gegensätze überdeutlich zum Vorschein.
Fad wird’s nie beim Lesen. Irene Dische hat so viele bissige Geschichten, um das Scheitern einer Ehe nachzuvollziehen. Wie die Frau beim Hummeressen ihrem Mann irrtümlich ein Auge aussticht, ist noch das Harmloseste.
Irene Dische:
„Schwarz und Weiß“
Übersetzt von Elisabeth Plessen.
Verlag Hoffmann & Campe.
496 Seiten.
26,80 Euro.
KURIER-Wertung: ****
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