Fußball, frisch wie eine Auster
Der gebürtige Belgier Jean-Philippe Toussaint hat von Kritikern den Titel "Proust im Stadion" bekommen. Soll sein. Jedenfalls fasst er sich kürzer. Sein Philosophieren über den traurigen Kopfstoß von Zidane gegen Materazzi – WM-Endspiel 2006 zwischen Frankreich und Italien – dauerte nur 15 Seiten. Aber "Zidanes Melancholie" war damals in Frankreich eines der meistverkauften Bücher bzw. Hefte zu Weihnachten.
In "Fußball" erweist er dem Sport samt saftigem Grün des Rasens, samt Flutlicht, WM 1998 (Frankreich) und 2002 (Korea/Japan) sowie den Fans die Ehre. So ein Match wird bei dem 58-Jährigen zum Nahrungsmittel, das wie Austern und Langusten in aller Frische genossen werden muss, "in der Stärke des Moments und der Hitze des Jetzt".
Jean-Philippe Toussaint erlaubt sich in diesem Zusammenhang, auch von einem Olivenbäumchen im Garten zu erzählen. Macht nichts. Wenn er über Fußball schreibt, schreibt er ja auch nicht über Fußball, sondern über seine Kindheit und die Zeit, die verrinnt.
Jean-PhilippeToussaint:
„Fußball“
Übersetzt von Joachim Unseld.
Frankfurter Verlagsanstalt.
128 Seiten. 18,50 Euro.
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