„Als die Pandemie begann, war ich vier Monate wie gelähmt vor Angst um meine Familie, um mich und um die Welt“, erzählt sie. „Dann entschied ich mich, ins Auto zu steigen und ins Blaue zu fahren. Da war ich die Einzige in den Hotels. Ich suchte Plätze in Städten auf, die ich von Tourneen kannte. Ich schaute mir an, wo es schöne Flussufer gibt, an denen ich spazieren gehen kann. Aber nirgendwo waren Menschen. Es war bizarr, aber auch wunderschön.“
Diese Autofahrten retteten Mosshart vielleicht auch die Karriere. Für die 44-Jährige war der erzwungene Stillstand nämlich nicht inspirierend, sondern blockierend: „Ich konnte erst wieder Songs schreiben, als ich in meiner Lieblingsstadt New York angekommen war und dort eine Woche blieb. Dann aber schrieb ich einen Song nach dem anderen.“
Die besten davon erscheinen heute auf „God Games“, dem neuen Album von The Kills. Es beginnt mit dem Song „New York“, bezieht sich in der Folge aber weniger auf Mossharts Reisen, als auf die Folgen der Pandemie, wie sie und ihr Partner Jamie Hince sie empfunden haben.
Musikalisch gehen The Kills mit „God Games“ neue Wege, haben kaum Gitarren in die Songs eingebaut. Mosshart lernte auf Anregung von Hince ein Kinder-Keyboard zu spielen. „Es klingt mal wie ein Bass, dann wie ein Klavier. Weil das alles so neu für mich war, habe ich viele Sounds entdeckt, die mich fasziniert haben, und darauf aufgebaut. Jamie hat ähnlich gearbeitet.“
Inhaltlich geht Mosshart in vielen Songs auf die drastischen Veränderungen ein, mit denen sie konfrontiert war – jedes Mal wieder, wenn sie zurückkam. „Die Leute hatten andere Jobs, neue Partner, oder sie hatten Trennungen hinter sich. Es gab die Spaltung der Gesellschaft, die Verschwörungstheorien und Unruhen. In den Songs beschreibe ich aber die Schönheit und die Chancen in diesen Veränderungen.“
Den Song „God Games“ hat Hince geschrieben. Mosshart will ihn nicht kommentieren, sagt aber, dass sie sofort wusste, dass das der Album-Titel ist. Sie selbst hat mit „Kingdom Come“ („Reich komme“) einen Song beigesteuert, der mit dieser christlichen Phrase gut dazu passt.
„In Amerika sind die Leute wie verrückt auf Gott fixiert. Ich bin mit dem christlichen Jargon aufgewachsen, aber jetzt Atheistin. Für mich klingt ,Kingdome Come‘ wie ,Burger King‘ oder ein Werbesticker auf der Stoßstange. Der Song hat zwar absolut nichts mit Religion oder dem Christentum zu tun, aber ich spiele dabei natürlich mit diesem Jargon, den in Amerika jeder verwendet. Was auch passend ist für Songs über die Veränderungen zwischen Menschen oder zwischen Regierungen und der Gesellschaft. Für mich ist das wie ein Pokerspiel, ein ständiges Vor und Zurück, ein ständiger Kampf.“
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