Franzobel: Toll trieb es Puppi Papouschek
Franzobels Kommissar im nun schon zweiten Krimi heißt Falt Groschen, und das ist ein seltsamer Name, der gefährlich nahe an "Halt Goschen!" gebaut ist, zumal schon sehr, sehr viel im Buch geplappert wird.
Nicht vom Kommissar, der mag es ruhig und grantelt und trinkt Bier und Schnaps und Wein.
Aber z. B. vom Hautarzt Dr. Tinti, dem die Freundin weggelaufen ist, und das ist doch wohl wirklich ein Verbrechen: Sie geht jetzt auch immer chinesisch essen, obwohl sie doch eine Glutamat-Allergie hat ... Ist das nicht ein Fall für die Wiener Polizei?
Und der Alte, den alle "General" nennen: Der hat den vermeintlichen Sprachwitz gepachtet und meint, jedes Wort misshandeln zu müssen. Nicht seine Leidenschaft gehört der Oper, sondern seine Scheidenkraft, oh Jammer. Es kann demnach Eiter werden.
Ermordet wurde die 82-jährige Puppi Papouschek, bekannt für ihren Porno-Roman "Die Rübenkönigin" über Sex im höheren Alter. Oh, in der WC-Muschel ihrer Wohnung schwimmt noch ein Augapfel von ihr!
Da haben wir also wieder eine Anlehnung an die österreichische Wirklichkeit (wie in Franzobels Krimi Nummer eins, "Wiener Wunder", als nebenbei viel Wahres über Doping im Sport verraten wurde):
Eine 80-Jährige ehemalige Buchhändlerin, die in ihrem Roman "Nacktbadestrand" erotische Spiele trieb, schaffte es zu 14 Auflagen und kam vor fünf Jahren auch in die Spiegel-Bestselleliste und in viele TV-Talkshows.
Franzobel hat noch Spaß beim Krimi-Schreiben, das ihm die Möglichkeit gibt, rasch und so nebenbei über Haubenrestaurants und das Fernsehprogramm zu lästern bzw. durch Wien und Sarajewo zu spazieren.
Und beim Lesen klingt alles auch schon viel besser als beim Debüt. Es spielen gute Typen mit, die länger im Gedächtnis bleiben. Kommissar Groschen gehört (noch) nicht dazu. Zurzeit zeichnet ihn vor allem aus, dass er Durchfall hat.
Aber das haben andere auch, ohne Romanfiguren zu sein.
KURIER-Wertung:
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