Alle sagen Trottel, weil er sich erwischen ließ

„Krimi-Schreiben ist wie für einen Antialkoholiker die Entdeckung des Weins“: Franzobel
"Wiener Wunder": Franzobels erster Krimi weiß viel über Doping.

Bestimmt würde sich der Kommissar ein "Stäbchen" anzünden. "Stäbchen" passen gut in sogenannte Groschenromane.

Aber erstens hat sich der Kommissar kürzlich das Rauchen abgewöhnt. Zweitens ist er Wiener, da hat man keine Stäbchen, und Staberl klingt zu grausam.

Immerhin heißt der Mann Groschen, und bis er bei ihm fällt, erfährt man eine Menge über Doping (man kann sich, vor einem Test, sauberen Harn in die Blase spritzen lassen) und die Jagd auf Dopingsünder.

Die Quintessenz aus "Wiener Wunder", dem allerersten Krimi des Oberösterreichers Franzobel ist:

"Sport ist ein Hund."

Fenstersturz

Der berühmte österreichische 400-Meter-Läufer Edgar Wenninger wurde erwischt, Kollegen nennen ihn deshalb posthum "Trottel", und kurz nach dem Skandal stürzt er aus dem Fenster.

Ein berühmter österreichischer Läufer! Vizeweltmeister!!! Ha, das ist an den Haaren herbeigezogen.

Deshalb irritiert ja umso mehr, dass im Buch so direkt über einen "echten" Skirennläufer geredet wird: Er sei nur deshalb zurückgetreten, um unter den Tisch kehren zu können, dass er gedopt gewesen sei.

Er weinte bei seiner Abschiedspressekonferenz ...

Alle sagen Trottel, weil er sich erwischen ließ
Cover

Franzobel zum KURIER: "Ist denn das so deutlich? Ein Sportreporter will auch die Ilona Gusenbauer (ehemalige Hochspringerin) in der Figur einer Verrückten erkannt haben ... Ich hatte für das Buch einen Informanten, der ungenannt bleiben will, mir aber sehr viel erzählt hat. Also einiges ist der Realität entlehnt, aber der Roman ist schon Fiktion."

Das Krimi-Schreiben sei für ihn ein berauschender Genuss gewesen.

Bei allen guten Momenten, die zwischen Donaukanal und Café Rüdigerhof auf einen warten: Beim Lesen entsteht kein Rausch. Die Ungeduld wird mitunter groß, wenn nichts vorangeht.

Und: Franzobel ist nicht immer beim schönen Schund geblieben. Es kann nicht sein, dass sich im Groschenroman bzw. in Groschens Roman bei zwei Menschen "die tiefsten Gründe und Seelenwinkel hinter ihren Netzhäuten" für einen Moment treffen. Oder gehört so was genau dort hin?

KURIER-Wertung:

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