Seelenmusik: Wie Gustav Mahlers Weltabschiedswerk zur Offenbarung wird
Die beste Nachricht zuerst: Sein Beinbruch, samt Gipsverband, konnten Franz Welser-Möst nach krankheitsbedingter Pause nicht an seiner Rückkehr ans Pult der Wiener Philharmoniker hindern. In den kommenden Tagen begleitet er das Weltklasseorchester auf eine Tournee in die USA. Zuvor lässt er das Wiener Publikum sein Programm hören.
Zunächst Gustav Mahlers 9. Symphonie im Wiener Konzerthaus.
Diese „Neunte“ ist dessen letzte vollendete Symphonie. Sie ist Rückblick auf ein Komponistenleben und Reflexion über den Abschied von der Welt. Welser-Möst lässt all diese Facetten spüren, lässt Wehmut, Melancholie, Hadern, Bangen und ein Sich-Fügen zur Offenbarung werden.
Der langsame Satz gerät zu einer zartest fühlenden Annäherung, feinste, weiche Streicher, schwebend, ein nervöses Bangen in den sich aufbäumenden Passagen.
Beim von Mahler als „gemächlicher Ländler“ titulierte Teil wird klar, dass diese Art von rustikaler Gemütlichkeit in der Musik täuscht. Man könnte das als Flucht vor dem unabänderlichen Ende in ein weltliches Treiben interpretieren.
Atemberaubend gerät das finale Adagio. Welser-Möst lässt mit den Wiener Philharmonikern aufwühlend die Mahler’schen Klangfarben zur veritablen Seelenmusik werden. Das Sehnen in den Streicherpassagen, Pracht und Pianissimo, so schön, das es schmerzt. Fulminant alle Instrumentengruppen, besonders virtuos die Soloflöte.
Ovationen!
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