Franz Patay: „Radweg vor dem Theater? Das wird ein Desaster!“
KURIER: Der Bericht des Stadtrechnungshofs über die Vereinigten Bühnen Wien, am 15. März veröffentlicht, fiel moderat aus. Sind Sie zufrieden?
Franz Patay: Ich finde, die Situation wurde richtig dargestellt. Der StRH hat u. a. gewürdigt, dass es einen Konsolidierungspfad gibt. Wir haben einen großen Produktionssteigerungsprozess hinter uns – mit einem substanziellen Personalabbau in den Bereichen Technik und Verwaltung. Hätte es diesen Prozess im Zeitraum 2010 bis 2017 nicht gegeben, wäre unser Subventionsbedarf um 9,1 Millionen Euro höher.
Der StRH stellte fest, dass im Theater an der Wien, das mit Opern bespielt wird, die Zahl der Vorstellungen von 129 auf 101 – und damit auch jene der Besucher von 89.636 auf 67.386 sank. Im Vergleich zu 2010 konstatiert der StRH auch beim Musical einen Trend zu sinkenden Kartenerlösen.
2010 war jedoch ein Rekordjahr der VBW. Den angeblichen Trend können wir mit dem Ergebnis 2018 klar widerlegen: Im Musicalbereich lagen die Kartenerlöse weit über 30 Millionen Euro. Im bisher stärksten Jahr, eben 2010, wurden rund 26 Millionen Euro erzielt. Der Eigendeckungsgrad lag daher insgesamt bei 52,84 Prozent – in der Oper bei 21,9 und im Musicalbereich sogar bei sensationellen 70,1 Prozent.
Der Jahresgewinn dürfte, wie man hört, bei 5,3 Millionen Euro liegen. Trotzdem wurde die Subvention für 2019 von 39 auf 40 Mio. angehoben. Wäre gar nicht notwendig gewesen.
Doch. Die Gehälter steigen – auch aufgrund von Vorrückungen – um etwa drei Prozent. Und der Personalaufwand macht etwa 60 Prozent des Budgets aus.
Ab Juni wird das Raimund Theater saniert – und daher für 14 Monate geschlossen sein. Der Betrieb kostet pro Jahr etwa neun Millionen Euro. Da es keine Vorstellungen gibt, müssten Sie eigentlich weniger Subventionen benötigen. Denn die Stadt finanziert die Sanierung mit zusätzlichen 12,76 Mio.
Wenn ein Haus geschlossen ist, heißt das ja nicht, dass es nichts kostet. Das Raimund Theater erzielt pro Monat etwa 1,6 Millionen Euro an Kartenerlösen. Wenn wir eine Saison mit zehn Monaten geschlossen haben, fehlen uns 16 Millionen. Natürlich reduzieren wir die Zahl der Mitarbeiter und versuchen sozial verträgliche Lösungen zu finden. Aber wir können den Einnahmenentfall nicht komplett kompensieren. Zudem bleibt ein Teil der Mitarbeiter weiter angestellt. Denn wir machen nicht nur die Fassade und die Zuschauerbereiche neu, wir sanieren auch das Bühnenhaus – mit unseren eigenen Mitarbeitern.
Die Subventionen werden zwar vom Kulturamt gewährt, die VBW lassen es aber dumm sterben. Denn über die wirtschaftliche Situation wird quartalsweise nur das Finanzressort informiert. Ist das nicht sonderbar?
Wir sind eben Teil der Wien Holding – und daher beim Finanzstadtrat angesiedelt. Da wird sehr strukturiert vorgegangen, es gibt regelmäßig die in einem Konzern üblichen Reportings. Die Kulturstadträtin ist für das Inhaltliche zuständig. Und es gibt einen regen Austausch zwischen ihr und dem Finanzstadtrat. Das hat Vor- und Nachteile, hat aber immer gut funktioniert. Es ist nicht an mir, das zu ändern.
Der bisherige Kulturstadtrat wurde nicht wirklich in die Entscheidungsprozesse der Wien Holding eingebunden. Denken Sie nur an 2003, als Kathrin Zechner ohne Ausschreibung zur Musicalintendantin ernannt wurde.
Das war vor meiner Zeit. Die Bestellung des Regisseurs Stefan Herheim zum künftigen Opernintendanten war sehr wohl eine Kooperation der beiden Stadträte. Und es war eine gemeinsame Entscheidung, nach einem Managerintendanten, der das Theater an der Wien 15 Jahre lang erfolgreich geführt hat, einen Künstler zu nehmen.
Angeblich soll zwischen der Stadt und den VBW eine Musical-Eigenproduktion pro Jahr vereinbart sein. Der StRH stellte aber fest, dass es keine schriftliche Leistungsvereinbarung gibt.
Das ist richtig. Wir stellen einen Subventionsantrag – und der Gemeinderat beschließt ihn. Aber natürlich gibt es den Wunsch des Eigentümers, dass wir pro Jahr eine größere Musical-Eigenproduktion herausbringen, wir führen uns dazu verpflichtet, und wir haben das in den letzten Jahren auch gemacht – etwa mit „Don Camillo & Peppone“ und „Besuch der alten Dame“.
Und welche Eigenproduktion kommt heuer?
Wir spielen die Eigenproduktion „I Am From Austria“.
Die kam bereits letztes Jahr heraus.
Wir spielen sie weiter. Und wir entwickeln neue Stücke. Darunter „Der dritte Mann“.
Schon seit einem Jahrzehnt oder so.
Wir arbeiten nach dem Prinzip Versuch, Evaluierung und Verbesserung. Man darf nur das präsentieren, von dem man überzeugt ist.
Welche Stoffe werden noch ventiliert?
Ich glaube nicht, dass ein Interview das richtige Forum ist, um unsere Pläne offenzulegen. Wir sind jedenfalls an zwei, drei Projekten dran. Erfolgreiche Eigenproduktionen sind wichtig für uns. Denn sonst ist man abhängig von Stücken, die andere produziert haben.
Daher spielen Sie wieder „Cats“.
Wenn ich nur eine Bühne, das Ronacher, habe: Dann will ich nicht unbedingt etwas riskieren. Und das Interesse an „Cats“ ist unglaublich.
Habe ich etwas zu fragen vergessen?
Was ich davon halte, dass unmittelbar vor dem Theater an der Wien ein Radweg mit Gegenverkehr errichtet werden soll.
Und was halten Sie davon?
Nichts. Wenn vor Vorstellungsbeginn 1000 Leute ins Theater wollen – und von links und von rechts queren die Radfahrer. Das wird ein Desaster. Und das ist verantwortungslos.
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