Folkshilfe suchen die schönen Momente in „all dem Wahnsinn“

Folkshilfe suchen die schönen Momente in „all dem Wahnsinn“
In „Vire“ konzentriert sich die Quetschn-Synthie-Pop-Band auf aufbauende Sounds und positive Erlebnisse.

„Folkshilfe versucht immer, für etwas zu stehen. Das ist uns lieber, als gegen etwas zu sein.“

So begründet Frontmann und Harmonika-Spieler Florian Ritt im KURIER-Interview, dass er sich bei dem eben erschienenen Album „Vire“ in den Themen der Songs verstärkt den positiven Dingen widmet, die in diesen schwierigen Zeiten Halt geben, anstatt zynischer, bissiger Gesellschaftskritik.

„Böse Kritik hätte ich schon auch sehr gut drauf“, sagt er. „Und wir als Band haben eine ganz klare Haltung – zum Beispiel rund um die Affären der ÖVP –, die wir in den Songs des letzten Albums deutlich kundgetan haben. Aber ich frage mich bei solchen Sachen immer: Was bringt es wem? Und ich finde, wenn wir alle gemeinsam für etwas einstehen, können wir mehr bewegen, als wenn ich über alles schimpfe, was mich in Zeiten wie diesen aufregt. Wofür es übrigens eine sehr, sehr lange Liste geben würde. “

Deshalb schreiben Folkshilfe den Albumnamen „Vire“ – obwohl es das vierte Album der Quetschn-Synthie-Pop-Band ist – nicht mit e nach dem i. Denn das Wort steht nicht für die Zahl, sondern für den Wiener Ausdruck für nach vorne gehen.

Im Sound konzentriert sich das Trio dabei anstatt wie bisher auf den innovativen Umgang mit der steirischen Harmonika auf „schöne Songs, für Leute die unseren Spirit und das, wofür wir stehen, mögen“.

Folkshilfe suchen die schönen Momente in „all dem Wahnsinn“

Ritt, der die meisten Texte schreibt, hat zum Beispiel ein Lied der Mama gewidmet. Er beschwört im Hit „Hau di her“ das Gegenmittel zum Alleinsein und in „Kummama“, was die Konzentration auf die Zukunft im Vergleich zum Jammern über Vergangenes bringt, postuliert dabei, dass nach jedem Regen wieder die Sonne kommt.

„Das klingt zwar wie ein Kalenderspruch, aber es ist mir ernst“, sagt Ritt. „Zwei, drei Jahre haben wir jetzt geglaubt, dass wir eine sehr düstere Zukunft haben. Aber oft kann man im Hier und Jetzt gar nicht bestimmen, ob das, was gerade passiert, gut oder schlecht ist. Denn es könnte ja dadurch vielleicht endlich ein Umdenken passieren.“

Glaubt er tatsächlich daran, dass die Menschheit gerade umdenkt?

Ritts „Nein“ kommt schnell und entschieden. „Ich wünsche es mir“, sagt er. „Und bei mir sind im Kleinen in den vergangenen Jahren ein paar Dinge passiert, die mir gezeigt haben, dass das möglich ist. Ich hatte neben der Corona-Pandemie auch privat turbulente Zeiten, die aber später zu etwas Positivem geführt haben. Denn was bleibt einem, wenn man in der Familie Krankheiten hat, oder die Nachrichten über diesen unfairen, verrückten Krieg in der Ukraine sieht, was alles oft schwer auszuhalten ist? Es sind unsere sozialen Kontakte, unsere Beziehungen und das Zueinanderfinden. Und da gibt es in all diesen Wahnsinnigkeiten auch sehr viele schöne Momente und Storys.“

Ganz kommt Ritt aber auch bei „Vire“ nicht ohne Politkritik aus. „...Wana“ ist ein gar nicht zimperlicher Rundumschlag, und in dem mit Paul Pizzera aufgenommenen „Najo eh“ kommt die WM in Katar genauso vor, wie ein Ex-Finanzminister, „der nicht mehr weiß, wo er seinen Laptop hat“.

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