Föttinger reagiert auf Bachler-Interview

Föttinger reagiert auf Bachler-Interview
In einem offenen Brief wendet sich der Josefstadt-Chef an den Münchner Operndirektor Nikolaus Bachler, der im KURIER die Strahlkraft Wiens in Frage stellte.

Das KURIER-Sonntags­interview mit Münchens Opernchef Nikolaus Bachler hat in der Wiener Kulturszene für heftige Diskussionen gesorgt. "Weltberühmt in Wien reicht oft nur bis Purkersdorf", zog der ehemalige Burgtheaterdirektor Bilanz über eine aus seiner Sicht schwindende Strahlkraft der Kulturstadt Wien.

Denn "man hört hier in Deutschland kaum mehr etwas von Wien. Damit ist eigentlich alles gesagt", sagt Bachler: "Es gibt keine Opernpremiere, wo ich sage: Jetzt muss man nach Wien fahren. Es pulsiert nichts."

Boulevardisierung

Föttinger reagiert auf Bachler-Interview

Das gilt nicht nur für den Opernbereich, sondern auch für das Theater – nicht zuletzt auch für Bachlers frühere Spielstätte. Bachlers will seine Einschätzung nicht als Kritik verstanden wissen: "Kritik ist da der falsche Ausdruck. Ich habe nur gesagt, dass ich finde, dass eine Boulevardisierung stattfindet." Und "das Burgtheater und die Josefstadt sind einander nähergekommen". Dieser letzte Satz hat nun Herbert Föttinger auf den Plan gerufen: der Direktor des Theaters in der Josefstadt will Bachler "dringend aufklären", was in der Josefstadt wirklich passiert. Der offene Brief im Wortlaut:

Lieber Nikolaus Bachler!

Sie sagen in der Ausgabe des "Kurier" vom 23. September 2012, das Burgtheater sei auf dem Weg zur Boulevardisierung und komme damit dem Theater in der Josefstadt immer näher. Ein solcher Satz unterstellt, dass die Josefstadt ein Boulevardtheater ist und da muss ich Sie dringend aufklären: Im Theater in der Josefstadt finden in den letzten Jahren mehr Ur- und Erstaufführungen statt, als in jedem vergleichbaren deutschsprachigen Theater. Allein in dieser Saison gibt es sechs Ur- und Erstaufführungen, unter anderem zwei neue Stücke von Kehlmann und Turrini. Boulevardtheater?

"Glaube nicht, dass in München alles golden glänzt"

Für Vergangenheiten des Theaters in der Josefstadt bin ich nicht zuständig. Ich ersuche Sie, Ihren Blick nicht auf Gewesenes zu richten, sondern wahrzunehmen, was an diesem Theater jetzt und heute passiert.

Was Sie ansonsten über das böse Wien sagen, empfinde ich als zutreffend. Allerdings glaube ich nicht, dass in München alles golden glänzt. Möglicherweise sind Charaktereigenschaften in verschiedenen Städten unterschiedlich ausgeprägt, aber im Grundsätzlichen kümmert sich die menschliche Schlechtigkeit wenig um Landes- und Stadtgrenzen.

Mit besten Grüßen

Herbert Föttinger

Mehr zum Thema

  • Interview

  • Hintergrund

  • Hintergrund

  • Hauptartikel

Kommentare