Filmregisseur Nadav Lapid: "Israel macht uns verrückt“

Avshalom Pollack als Alter Ego von Regisseur Nadav Lapid: "Aheds Knie“
Interview mit dem israelischen Regisseur Nadav Lapid über sein Land, die Leute dort und seine Wahlheimat Paris

Von Susanne Lintl

Entspannt sitzt er im Foyer des Wiener Stadtkinos, ein Glas Rotwein vor sich. Doch Nadav Lapid, der Berlinale-Gewinner 2019 (mit seinem großartigen, in Paris spielenden Film „Synonymes“) und leidenschaftlich kritischer Geist, ist nur nach außen hin ruhig. Innen drin brodelt es. Ein Gespräch über seinen neuen Film „Aheds Knie“ (derzeit im Kino), über Traumata und die Schwierigkeit, in Israel zu leben.

KURIER: Sie sind ein flammender Kritiker der israelischen Politik und ihrer Auswirkungen auf die Gesellschaft. Werden Sie dafür sehr angefeindet?

Nadav Lapid: Ja, ich wurde immer wieder attackiert, und zwar von Politikern aller Lager. Wohl auch deshalb, weil meine Filme so anders sind als die, die ansonsten in Israel zu sehen sind. Ich mache keine Filme über konkrete Probleme wie Checkpoints oder die Besatzung der Palästinensergebiete. Ich möchte eintauchen in die Tiefen der israelischen Seele. In die DNA der Menschen. Herausfinden, wer sie eigentlich sind. Das ist nämlich die Erklärung für alle Probleme. Wenn du versuchst, die Geschichte eines Landes mit nackten Fakten zu erklären, kommst du nicht weit. Viel charakteristischer ist, was die Leute denken, was sie essen und trinken, wovon sie träumen, was sie bewegt. Ich versuche das. Meine Filme sind nicht leichtfüßig und keine politische Partei kann sie für sich vereinnahmen. Ich fühle eine ganz große Nähe zu dem, was ich kritisiere. Wie ein neutraler Beobachter an einem Platz, der verflucht ist.

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