Von da an springt die Handlung zurück – oder besser: nach vor. In die Gegenwart. Die Autorin Anne Calder besichtigt mit ihrem Ehemann Patrick die „Queen Mary“ am Trockendock. Anne macht dem dort amtierenden Kapitän Bittner einen Vorschlag, wie man das Schiff mithilfe von Computern und digitalen Tricks in ein Horror-Abenteuererlebnis verwandeln und damit zahlende Touristen anlocken könnte. Sie haben ihren 8-jährigen Sohn zur Besichtigung mitgenommen, der sich prompt in den langen, leeren Gängen des Ozeandampfers verirrt und in eine „Geister“-Tour gerät.
Dort begegnet er ihnen: Den Geistern aus dem Jahr 1938. Zurück in der Vergangenheit ist die Erste-Klasse-List des Gauner-Trios gerade aufgeflogen. Aber da entdeckt das Töchterchen Jackie eine Gruppe von Hollywood-Leuten – einer davon ist Fred Astaire, der gefeierte Tanz- und Filmstar.
Jackies Aufforderung zum Tanz quittiert Astaire zunächst mit grantiger Ablehnung, lässt sich schließlich aber doch dazu überreden. Die gesamte Tanzsequenz mit zeitgemäßer Choreografie und nachträglich synchronisierten Tanzschritten dauert ewig und steppt quasi über die Horror-Intentionen des Films hinweg.
Während die Band singt, wird Jackies Papa offenbar von einem bösen Geist besessen. Die folgende Mordserie mit einer Axt wird in grauslichen Details gezeigt, wobei die Farbe des Blutes mit den tiefen Brauntönen der eleganten Holzvertäfelung harmoniert.
Die Handlung springt wieder in die Gegenwart: Anne und Patrick suchen an Bord des verlassenen Schiffes ihren Sohn Lukas – unter den wachsamen Augen des seltsamen Kapitäns Bittner.
Die Filmregie kostet den Schauplatz aus: Ein riesiges Schiff mit prächtigen Ballsälen und opulentem Dekor. Ganz zu schweigen von den langen, gruseligen Fluren und den feuchten, unheimlichen Bereichen unter Deck.
David Ratch eignet sich zum Bösewicht – mit seiner Halbmaske, die eine entstellende Gesichtsverletzung verdeckt und an das Phantom der Oper erinnert. Auch Gegenwarts-Antagonist, Kapitän Bittner, ist wunderbar schrecklich. Leider ist weder bei den handelnden noch bei den von Geisterhand getriebenen Personen ganz klar, was sie eigentlich vorhaben.
Das Gleiche gilt für die Geschichte als Ganzes. Der Dialog wird oft durch Musik oder Soundeffekte verdeckt, was die Verwirrung noch verstärkt. Bei den Helden der Gegenwartshandlung wird mit einiger Mühe festgestellt, dass Lukas Annes Kind aus einer früheren Ehe ist und von Patrick aufgezogen wurde. Aber was tatsächlich mit diesem Paar los ist – oder was tatsächlich mit Lukas passiert ist – ist nicht wirklich herauszufinden.
Visuell ist der Film überraschend qualitativ und gar nicht der Low Budget-Trash, den man vielleicht erwarten würde. Das Kostümdesign in den Szenen von 1938 wirkt authentisch, die Darstellung des Schiffes ist äußerst beeindruckend und atmosphärisch in Szene gesetzt. Für diejenigen, die auf brutale und blutige Szenen stehen, wird „The Queen Mary“ sicherlich ein Vergnügen sein, da hier mehr als nur einmal die Axt geschwungen wird.
Aber aufgrund der Zeitsprünge zwischen der Gegenwart und dem Jahr 1938 ist die Horrorgeschichte zu verworren. Man hat das Gefühl, dass der Film nach Ende der Dreharbeiten von einer KI bearbeitet wurde, die Szenen nach dem Zufallsprinzip zusammenfügt hat. Am Ende überwiegen Verwirrung und Frustration.
INFO: USA/GB 2023. 125 Min. Von Gary Shore. Mit Alice Eve, Joel Fry, Wil Coban.
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