Filmkritik zu "How to Build a Truth Engine": Was Fake News mit uns machen

Investigativjournalisten der New York Times in der Doku "How to Build a Truth Engine" von Friedrich Moser
Der Filmemacher Friedrich Moser sucht in seiner Doku - gemeinsam mit Neuro- und Computerwissenschaftlern sowie auch mit Investigativjournalisten - nach den Bauteilen eines „Wahrheitsmotors“.

Von Gabriele Flossmann

Was tun, wenn unser Gehirn auf Fake News hereinfällt?  Diese Frage stellte sich der österreichische Filmemacher Friedrich Moser („A good American“, „Terrorjagd im Netz“) angesichts der massiven Angriffe gegen das, was wir – allen „Fake News“ und jeder künstlichen Intelligenz zum Trotz – immer noch als „Wahrheit“ erkennen (wollen). Verlieren wir sie, so ist Friedrich Moser überzeugt, dann steht die Zivilisation vor dem Untergang. Deshalb macht er in seiner Doku gleich zu Beginn klar, was im auf dem Spiel steht, wenn wir diesen Krieg – den Info-Krieg - verlieren. 

In seiner Doku sucht der gebürtige Oberösterreicher - gemeinsam mit Neuro- und Computerwissenschaftlern sowie auch mit Investigativjournalisten - nach den Bauteilen eines „Wahrheitsmotors“. Dabei macht er auch klar, dass „Fake News“ nicht die Erfindung eines amerikanischen Ex-, oder künftigen Präsidenten sind, sondern dass diese Form der Desinformationen bereits seit Jahrhunderten erprobte Mittel des Machterhalts war und ist. Mittlerweile sind aber Populismus-Lügen und Verschwörungstheorien, befeuert durch soziale Netzwerke und deren Algorithmen und verstärkt durch künstliche Intelligenz allgegenwärtig geworden. „Während Lügen schon zweimal um den Globus gelaufen sind, bindet sich die Wahrheit gerade erst die Schuhe“, heißt es an einer Stelle im Film.

 In den Redaktionsräumen der „New York Times“ spricht Moser auch ausführlich mit Journalisten, die auf visuelle Investigation spezialisiert sind und mithilfe von Satelliten- und Handydaten u.a. Kriegsverbrechen aufdecken. Die Ergebnisse ihrer Recherchen gehen den Reportern sichtlich nahe. Wenn sie etwa nach den Verantwortlichen des Massakers im Kiewer Vorort Butscha recherchieren. Zahlreiche Leichen wurden nach dem Abzug der russischen Truppen auf den Straßen vorgefunden, viele davon Zivilisten. „Eine Inszenierung von Selenskyj und seinen Leuten“, lautete damals der Kommentar aus Moskau. Gemeinsam mit einer Gruppe von internationalen Journalisten konnte die „New York Times“ diese „Rechtfertigung“ als Lüge überführen.

Filmkritik zu "How to Build a Truth Engine":  Was Fake News mit uns machen

Doku: "How to Build a Truth Engine"

Moser selbst hält sich zurück und überlässt den Wissenschaftlern und Journalisten die Aussagen des Films - sowie auch den teils harten Bildern von Toten, die von einer Kriegspropaganda eingesetzt und missbraucht werden, und wüsten Szenen vom Sturm auf das US-Kapitol. In seiner Doku warnt er auch davor, dass der Investigativ-Journalismus seine Rolle als „Gatekeeper“ endgültig verlieren könnte, wenn das Misstrauen gegenüber traditionellen Medien immer mehr zunimmt, weil soziale Medien immer mehr „Botschaften“ unter die Leute bringen – ohne journalistischen Spamfilter.  Tröstlicher wird es gegen Ende der Doku: Die „Schlacht um die Wahrheit“ – so erfahren wir – ist (noch?) nicht verloren, weil Wissenschaftler fieberhaft an neuen Erkenntnissen über die Funktionsweise des menschlichen Gehirns und dessen Umgang mit Informationen arbeiten. Sowie auch daran, wie man Verschwörungserzählungen im Netz möglichst rasch identifizieren kann. 

Nach der ersten, spannungsgeladenen und nahe an der täglichen Praxis liegenden Hälfte der Doku – für den George Clooney seinen Namen als Executive Producer zur Verfügung stellte – wird sie zunehmend wissenschaftlicher und damit auch trockener. Trotz der tollen Bilder, mit denen dieses abstrakte Thema eingefangen wird, und trotz der gediegenen Interviewpartner wird der Film gegen Ende ermüdend. Um alles erfassen zu können, zahlt es sich aus, top-ausgeschlafen ins Kino zu gehen – oder vielleicht ein zweites Mal.

INFO: Ö 2024. 124 Min. Von Friedrich Moser. Mit Susan Benesch, Zahra Aghajan.

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