Klangwunder im Alpen-Bayreuth
Staunend begutachteten die Festspielgäste schon im vergangenen Sommer den spektakulären Bau, der damals im Tiroler Ort Erl entstand. Nun ist er fertig und steht knapp vor der Eröffnung: Zum weiß strahlenden Passionsspielhaus hat sich ein schwarzer, wintertauglicher Festspielbau gesellt, der mit seiner ungewöhnlichen Kristall-Form hervorsticht und dessen Akustik laut Festspielchef Gustav Kuhn überdies ein „Wunder“ ist.
36 Millionen Euro wurden investiert, 20 Millionen davon hat die Privatstiftung des Strabag-Chefs Hans Peter Haselsteiner beigesteuert. In nur 18 Monaten Bauzeit entstand der von Delugan Meissl Associated Architects gestaltete Bau, der nicht nur mit seiner Form, sondern auch mit gezielt eingesetzten Farbsignalen auf sich aufmerksam macht: Während das Passionsspielhaus im Winterweiß (so es das gibt) optisch zurücktritt, entwickelt dann die schwarze Kristallform des Festspielhauses ihre ganze optische Kraft.
Impressionen des neuen Festspielhauses
Musikraumschiff
Das Winterspielhaus ist zugleich Kontrapunkt zur und Teil der umliegenden Gegend: Die strikten, klaren Kanten des Baus schmiegen sich sanft in den dahinterliegenden Hügel und öffnen sich an der Vorderfront in Richtung Inntal gegen die Bergwelt hin (die Pausenaussicht ist in Erl ohnehin Teil des Genusses). Im weiß-eleganten Foyer fühlt man sich durchaus wie im Inneren eines Raumschiffes, wie ein erster Blick auf die Innenräume schon im Sommer zeigte.
Das Herzstück, der Konzertsaal selbst, ist luxuriös mit Holz ausgekleidet, bietet 862 Sitzplätze und einen Rekord: Den mit 160 weltweit größten Orchestergraben. Ab der feierlichen, überaus prominent besuchten Eröffnung des neuen Baus am 26. Dezember kann das Publikum dann dort selber das von Kuhn gelobte Akustik-Wunder nachprüfen.
Das Interesse ist jedenfalls groß: Die ersten Winterfestspiele in Erl werden zu 90 Prozent ausgelastet sein, verspricht Kuhn. Was den Maestro freut – „schließlich haben wir drei komplizierte zeitgenössische Abende auf dem Programm“ .
Erweiterung
Die 1997 gegründeten Erler Festspiele im Sommer sind ein Längst-schon-nicht-Mehr-Geheimtipp für Wagner-Liebhaber: Im liebevoll „Alpen-Bayreuth“ genannten Festspielort gibt es alljährlich Musikgenuss mit charmanten Inszenierungen im Passionsspielhaus (2013 feiern die Passionsspiele in Erl 400-Jahr-Jubiläum). Im neuen, wintertauglichen Haus werden nun die logistischen Möglichkeiten (mit Lagerräumen, Garderoben für das Orchester etc.) und auch das Repertoire erweitert: zu Wagner, Mahler und Bruckner kommen nun „Bach über Mozart bis zur Moderne“ (siehe Programm unten).
Kuhn, bekannt als Energiebündel und Verwirklicher von großen Ideen (wie etwa der Aufführung des gesamten „Ring des Nibelungen“ in 24 Stunden), schwärmt jetzt schon über sein neues Zuhause: „Es ist zusammen mit unserem Passionsspielhaus das beste Haus der Welt.“
Mozart, Rossini, Bach: Die ersten Winterfestspiele in Erl
Auf dem Programm der ersten winterlichen Tiroler Festspiele stehen Opern von Mozart und Verdi, Messen von Bach, Rossini und Beethoven sowie ein Silvester- und ein Neujahrskonzert.
Zur Eröffnung am 26.12. (18 Uhr) greift Festspiel-Chef Gustav Kuhn gleich in die Vollen: Werke von Montegral, Rossini, Donizetti und Bartók machen den ersten Teil aus, nach der Pause folgt Béla Bartóks Einakter „Herzog Blaubarts Burg“. Bis zum 6. Jänner haben Kuhn und das Festspiel-Orchester ein dichtes Programm: Am 27. 12. gibt es Mozarts „Le nozze di Figaro“ (auch am 5. 1.), am 28. Bachs Messe in h-moll, am 29. Verdis „Nabucco“ (auch am 4. 1.) und am 30. Rossinis „Petite Messe Solennelle“.
Beim Silvesterkonzert (31. 12., 18 Uhr) erklingen Werke u. a. von Rossini, Donizetti, Verdi, das Programm des Neujahrskonzerts könnte einem bekannt vorkommen könnte: Musik von Strauß, Lanner, Franz von Suppé gibt es „für alle, die in weiser Voraussicht gar keinen Sitzplatz im Wiener Musikverein angestrebt haben“, wie es auf der Webseite heißt.
Im neuen Jahr dann folgen noch Konzerte u. a. vom Ensemble Risognanze und von Franui. Den Abschluss am 6. 1. macht Beethovens Missa Solemnis.
Kommentare