Worum geht es? Um die junge Marie, die ihren alten, kranken, despotischen Vater pflegen muss, nach einer Ballnacht aber von einem Offizier träumt. Der allerdings hat a) eine Affäre mit der Frau seines Vorgesetzten und ist b) als Blauer Kürassier fest entschlossen, an einem militärischen Todeskommando teilzunehmen.
Dazu gibt es Maries braven Verehrer, eine dem Tod geweihte Freundin, den fast obligaten Arzt und den Verzweiflungsmord Maries an ihrem Vater. Glücklich wird am Ende niemand; die meisten Protagonisten sind tot.
So weit, so Schnitzler, den Renate Loidolt für Reichenau neu bearbeitet hat. Doch „Der Ruf des Lebens“ ist und bleibt Stückwerk. Da gibt es Szenen von ungeheurer Dichte; anderes wiederum wirkt seltsam banal und trotz der Neufassung unausgegoren. Ein echtes Hybrid, das als Basis für gleich mehrere Dramen dienen könnte.
Im Theater Reichenau verzichtet Regisseur Helmut Wiesner im düsteren Wände-Bühnenbild von Peter Loidolt darauf, dem Ganzen eine Idee überzustülpen, sondern erzählt die Geschichte solide nach. Das Sprunghafte der Handlung bleibt damit bestehen. Das ist absolut eine Möglichkeit.
Denn in Reichenau stehen ohnehin die Schauspieler im Zentrum. Toni Slama etwa, der Maries von Schuld zerfressenen Vater als sadistischen Tyrannen, als bösartigen, alten Mann zeigt, der noch im Tod zur Grausamkeit neigt. Dass er der Grund für den Todesritt der Blauen Kürassiere ist, nötigt ihm keine Reue ab. Als verhärmte Marie brilliert Johanna Prosl mit einer stoischen Eindringlichkeit; Alina Fritsch als todkranke Freundin steht ihr in nichts nach.
Dominik Raneburger, Sascha O. Weis. Thomas Kamper, Gabriele Schuchter und Emese Fay entledigen sich ihrer Aufgaben gut; David Jakob und René Peckl bleiben als junge Offiziere blass wie der (Bühnen-)Tod, der sie ereilt.
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