Unter der Leitung der Soloviolinistin Amandine Beyer spielt das Ensemble Gli Incogniti auf der Bühne auf weiteren historischen Instrumenten wie Gambe, Theorbe, Gitarre, Laute und Cembalo. De Keersmaeker ist eine Meisterin in der Verknüpfung von Musik, Tanz und dem Andeuten von Inhalten. Unterstützt wird sie durch ein ausgeklügeltes Lichtdesign von Minna Tiikkainen, die einen meist abgedunkelten Lichtraum schafft, und von Kostümen Fauve Ryckebuschs.
Was für Fans alter Musik ein in der Gesamtaufführung auf so hohem Niveau selten zu erlebendes Programm ist, stellt für viele Tanzbegeisterte eine Herausforderung dar, dauert der Abend doch ohne Pause weit über zwei Stunden (durch einen technischen Defekt bei der Nebelmaschine begann er mit 30-minütiger Verspätung). Dabei steht das Stück für ein starkes Innehalten, in dem Unruhe stört. Doch es gibt keinen Stillstand, eher ein Entrücken in eine Welt.
Da trifft De Keersmaeker Bibers Musik auf besondere Weise. Sie hat dazu im Tanz mit ihrer bekannten Tanzsprache viel zu erzählen. Der Abend ist vier „Frauen des Widerstands“ gewidmet, darunter Rosa Luxemburg und die 15-jährige Klimaaktivistin Rosa, die voriges Jahr bei Überschwemmungen in Belgien ums Leben kam. Sie alle heißen Rosa, steht doch die Rose als verbindendes Symbol hinter dem Abend.
Biber hat die Sonaten als Begleitung für Rosenkranz-Gebete komponiert. Die musikalischen Themenkreise des freudenreichen, schmerzhaften und glorreichen Rosenkranzes werden in die Choreografie nicht nur getragen, sondern von zwei Tänzerinnen und drei, gegen Ende vier Tänzern nicht zuletzt in individuellen Soli auch gebrochen. Dabei kommt der Darstellung des Leidens eine noch größere Bedeutung zu wie den freudigen Szenen. Es ist eine überwiegend düstere Welt, die De Keersmaeker auf die Bühne bringt.
Der Gegenwartstanz findet zu ungewöhnlichen Themen und Inhalten. So auch die Choreografin, Tänzerin und bildende Künstlerin Sara Lanner mit „Mining Minds“ bei der Eröffnung der Plattform [8:Tension] für den Choreografennachwuchs bei ImPulsTanz im Kasino am Schwarzenbergplatz.
Wie hält der Bergbau Einzug in eine Performance? Zum einen in Lanners Choreografie, die sie mit Costas Kekis tanzt. Erdverbunden, mit viel Kraft am Boden, mit einer starken Verbindung zum Kumpel-Partner, mit Vertrauen in die Reaktion des anderen. Der Bergbau mit all seinen sozialen Facetten ist ihr Ausgangspunkt.
Zum anderen aber auch im Raum Bruno Pocherons mit Metallobjekten, Folien und vielen kleineren Requisiten wie Ketten, die in die Choreografie einfließen. Ergänzt mit hämmernden, akzentuierten Sounds von Peter Plos und Kostümen Hanna Hollmanns entstand eine detailliert gearbeitete Arbeit, die allmählich vom Einfluss von Alltagsbewegungen in eine emotionale Ebene führt, der Mensch mutiert dabei mehr und mehr zur metallischen Materie.
Lanner ist ein gut strukturiertes, sehr gereiftes Stück gelungen, das die Messlatte für die Verleihung des Young Choreographers’ Award am 7. August schon am Beginn hoch legt.
Silvia Kargl
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