"Bin ich das auch?"
Die Würde ist antastbar. Heuer keine neuen Kurzgeschichten über Verbrechen und Schuld: Das Sezieren von Schicksalen braucht viel Zeit und noch mehr Kraft.
Heuer kein neuer kurzer Roman wie zuletzt "Tabu"– was aber nicht so schade ist.
Dafür die Essays, die der Berliner Strafverteidiger und Schriftsteller Ferdinand von Schirach für den Spiegel geschrieben hat. Es geht darin auch um seine Bücher.
Aber vor allem um Antworten auf gesellschaftspolitische Fragen, und bei diesem Autor wird das nicht "nur" eine prägnante Auseinandersetzung, sondern – falls man’s braucht – spannend.
Von Schirach drückt sich nicht. Er ist gegen direkte Demokratie (weil sie undemokratisch sei), gegen Vorratsdatenspeicherung (die Aufklärung werde bestenfalls um 0,006 Prozentpunkte verbessert). Gegen Folter, auch bei Terrorgefahr ...
Erstmals schreibt er über seinen Großvater Baldur von Schirach, "Gauleiter" von Wien: "Ich kannte ihn nicht, ich konnte ihn nichts fragen, und ich verstehe ihn nicht."
Quälend war für ihn: "Bin ich das auch?" Lange Zeit brauchte er für die einzig mögliche Antwort: "Du bist, wer du bist."
Einige Male lässt er uns – mit Vergnügen – allein. Dann steht da einfach so: Trifft es zu, dass die Menschheit insolvent ist, weil sie über 50.000 Milliarden Dollar Schulden hat? Wissen Sie, bei wem die Menschheit diese Schulden hat? Denken Sie an Apfelbäume? Geht es Ihnen gut?
Jammern wir ein bisschen.
KURIER-Wertung:
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