Träume
Diesmal wollte Felix Kramer alles anders machen, weil manche Themen für ihn einfach auserzählt sind: „Ich habe zum Beispiel keine Lust mehr, Beziehungssongs zu schreiben. Das interessiert mich derzeit nicht.“ Stattdessen verarbeitet er in den zehn neuen Nummern die Neidgesellschaft, Egoismus, die Abkehr von kapitalistischen Zwängen und die zunehmende Aufmerksamkeitsgeilheit.
Bei „Alles gesagt“ und bei „Ganz langsam“ geht es um die ewige Suche – und das zufällige Finden; in „Deine Gründe“ um den schwierigen Spagat zwischen Lebensunterhalt verdienen und trotzdem seine Träume nicht über Bord werfen. Ein Zwiespalt sei das, eine Entscheidung zwischen Idealismus und Komfort, und das beschäftig ihn. „Dieses ,Mach doch mal Pause. Fahr doch mal auf Urlaub. Gönn dir doch einfach‘, kann ich nicht mehr hören. Wer finanziert mir denn das Ganze? Dieses Versprechen, dass jeder alles erreichen kann, wenn er nur will, ist eine Lüge. Ähnlich wie die Aussage, dass die soziale Herkunft keine Rolle spielt, ob man jetzt diesen oder jenen Karriereweg einschlägt: Es gibt Menschen, die mit nicht wahnsinnig viel Talent trotzdem die besten Jobs bekommen. Aber nur deshalb, weil sie in der richtigen Familie aufgewachsen sind. Das ist die traurige Wahrheit“, sagt Kramer.
Eine andere „traurige Wahrheit“ verarbeitet der Liedermacher im Song „Donau“ mit folgenden Zeilen: „Was man am besten kann, ist nicht immer das, was man liebt. Am Ende muss man das machen, wo die Welt Geld dafür gibt. Ich glaube, Erfolg und Glück kann man oft nicht voneinander trennen. Idealismus und Urlaub muss man sich auch erst leisten können.“ Damit will er sagen: Es gibt keine echte Freiheit, denn man muss immer irgendwo seinen Lebensunterhalt verdienen.
Alles in einen Topf
In diese poetisch-klugen und oft mit einem doppelten Boden ausgestatteten Texte fließt alles ein, was ihn umgibt: „Meine Gedankenwelten, Themen, die ich in einem Buch gelesen habe oder Alltagsbeobachtungen: Das alles werfe ich in einen Topf und aus dem entsteht der Humus für meine Geschichten.“ Diese werden auf „Oh wie schön das Leben is“ mit unterschiedlichen Sounds angereichert.
Er habe sich mit diesem Album die Möglichkeit gegeben, zu experimentieren. „Es war ein Paradigmenwechsel: Synthesizer-Strings, Westerngitarren, das hätte ich im ersten Album nie im Leben verwendet.“ Dafür habe er sich von unterschiedlicher Musik inspirieren lassen: Soul, Siebzigerjahre-Rock, Country. Daraus wurde ein bunter Mix, den er sich vor ein paar Jahren nicht hätte vorstellen können: Da trifft eine Drum-Maschine auf eine Konzertgitarre und Streicher. Ich hätte nie geglaubt, dass sich das ausgehen kann.“
Während in einigen Songs eine große Palette an unterschiedlichen Instrumenten zu hören ist, klingen andere – oberflächlich betrachtet – zwar minimalistisch, aber im Hintergrund spielt sich schon einiges ab. „Man muss einfach schauen, was ein Song braucht, damit er funktioniert, damit die gewünschte Stimmung transportiert werden kann“, sagt Kramer, der nun auch als Schauspieler durchstarten könnte: Er spielt unter der Regie von Florian Pochlatko in „How To Be Normal“. Ab 2024 im Kino.
Zur Person: Felix Kramer (eigentlich Pöchhacker) zählt zu den talentiertesten österreichischen Liedermachern. Der 29-jährige Wiener legt mit „Oh wie schön das Leben is“ seinen dritten Tonträger vor, den er heute, Dienstag, im Wiener Porgy & Bess live vorstellen wird. Seine ausführliche Österreich-Tour startet Felix Kramer dann im Herbst: Er spielt u. a. am 11. Oktober in der Arena Wien, am 12. Oktober in St Pölten (Cinema Paradiso), am 19. Oktober als Duo in Baden (Cinema Paradiso), am 8. November in Salzburg (Rockhouse) und 9. November in Linz (Blackbox). Weitere Termine: www.felixkramer.at
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