Sehübung
Die Reihe um eine Gruppe von Freunden, die – ja! – Autos lieben und mit deren Hilfe (und mit Kanonen, Fäusten und dem einen oder anderen Flugzeug) Verbrechen weltweit bekämpfen, ist eine Sehübung für den Kinogänger. Es ist ein bisserl so wie bei den Disney-Filmen mit ihren Witzen, die für Kinder funktionieren, aber sich eigentlich an die Eltern richten: Klar sieht man herrliche Unsinnigkeit und unsinnige Herrlichkeit. Aber das ist nicht alles, und es lohnt sich – wie immer –, genauer hinzuschauen.
Denn die Reihe hat etwas geschafft, das ganz Hollywood gern vollbrächte: Sie ist ohne Anstrengung vielfältig und farbenblind. Die „Fast & Furious“-Filmfamilie besteht aus allerlei Menschen. Und diese bilden das weltweite Publikum ab, so wie es ist. Die Familie, das sind hier jene, die sonst nie eine Rolle spielen, aber von dieser Filmreihe bedient werden wie von keiner anderen – sie sind die Helden. Deswegen zahlt die Serie auch so erstaunlich wenig ein in die grassierende männliche Beleidigtheit: Es geht hier um etwas Anderes.
Und die Filme sind entlang eines Moralcodes von unten geschrieben: „Du bist Familie“ heißt hier eben nicht, dass man sich einige Jahre später vor Gericht wiedersieht; sondern bedeutet einen Zusammenhalt, der über allem steht. Und Familie sind weiter unten jene Menschen, die man sich dafür aussucht. Nimmt man noch Action auf höchstem Niveau – zu Beginn des neuen Films spielen sie in Rom Autokegeln mit einer Riesenbombe –, ist man dem Erfolgsgeheimnis der Reihe auf der Spur.
Es ist, wie es im neuen Teil heißt, ein Kult mit Autos. Und eigentlich ein Film, der jeden freuen sollte, der sich für das Aus des Verbrennermotors einsetzt: So viele Autos wie in diesen Filmen werden sonst nirgends aus dem Verkehr gezogen.
In einer Zeit, in der immer mehr junge Menschen die Liebe zum Benzinauto verlieren, wird ihm hier ein filmisches Denkmal gesetzt. Kein Wunder: Mit E-Autos wären die Verfolgungsjagden ja auch viel kürzer.
Im ersten Teil des Finales haben Diesel und die Familie einen formidablen Gegner am Hals: Auf Jason Momoa als irren Rächer mit Daddy-Komplex darf jeder James-Bond-Film neidig sein. Der will die Familie leiden sehen, tut alles dazu, um das herbeizuführen – und ist eine großartige Erscheinung in Pluderhosen. Es bleibt dabei aber auch genug Zeit für ein ausführliches Bad der Franchise in der eigenen Geschichte. Dominic Toretto (Diesel) begegnet auf der Jagd nach (oder der Flucht vor, das wechselt) Dante Reyes (Momoa) allerlei Freunden und Geistern aus der Vergangenheit (und mancher Faust).
Der zehnte Film (Regie: Louis Leterrier) melkt ungeniert das Erfolgsrezept der Reihe: Kaum haben die Kontrahenten halb Rom in Schutt und Asche gelegt, trifft man sich zum Autorennen, um den Streit zu entscheiden. Nein, das macht überhaupt keinen Sinn, aber Spaß.
Am Schluss – es ist der erste von wahrscheinlich drei (!) Finalteilen, wie Diesel jüngst ahnen ließ – sind die einzelnen Familienmitglieder in mehr oder weniger verzwickten Lagen. Klar, damit man ja brav zum nächsten Film ins Kino geht.
Ein Tipp: Sitzenbleiben beim Nachspann!
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