Ihr aktuelles berufliches Thema ist gerade eine Rolle an der Seite von John Malkovich, mit dem sie in der französischen Komödie "Monsieur Blake zu Diensten" (ab Donnerstag im Kino) zu sehen ist. Malkovich ("Ich liebe ihn. Er ist ein großartiger Darsteller!") spielt darin einen reichen Briten, der einen französischen Landsitz besucht. Dort hat er seine mittlerweile verstorbene Frau kennen gelernt und möchte noch einmal den Ort seiner großen Liebe sehen. Allerdings wird er vom Personal für den neuen Butler gehalten und tritt so "versehentlich" in die Dienste der Gutsherrin Madame Nathalie Beauvilier, würdevoll verkörpert von Fanny Ardant.
Madame Beauvilier ist verwitwet und trauert immer noch ihrem geliebten, aber untreuen Ehemann nach. Malkovich als Monsieur Blake wiederum blickt auf eine ungetrübte Liebesbeziehung zurück. Gemeinsam mit der vereinsamten Madame führt er lange Gespräche über Liebe, Ehe, Treue, Tod und Melancholie – alles Angelegenheiten, mit denen Fanny Ardant sehr viel anfangen kann.
Verständnis
"Ich kann gut verstehen, dass man jemanden immer weiter lieben kann, auch wenn man von ihm betrogen worden ist", kommentiert Ardant ihre Rolle als trauernde Witwe: "Ich habe nie geglaubt, dass man liebt, um eine Familie zu gründen, ein Haus zu bauen und den Vorgarten zu pflegen."
Sie selbst hat drei Kinder von drei Männern, mit denen sie nicht verheiratet war. Ihre erste Tochter stammt übrigens aus der Verbindung mit Regisseur François Truffaut, der sie in seinem Drama "Die Frau nebenan" (1981) besetzte und ihr zu internationalem Durchbruch verhalf.
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Truffaut und Ardant wurden umgehend ein Liebespaar, wenn auch nur für kurze Zeit, denn Truffaut verstarb bereits 1984 an einem Gehirntumor: "In meinem Leben gab es unglaublich wundervolle und außergewöhnliche Momente“, sagt Ardant schlicht: „Sie wurden mir weggenommen. Aber ich werde sie nie vergessen."
Ihre eigenen Eltern hätten einander ein Leben lang geliebt, erzählt die 74-jährige Schauspielerin: "Deswegen habe ich immer an eine lebenslange Liebe geglaubt."
Im gleichen Atemzug allerdings zitiert sie die von ihr sehr verehrte französische Schriftstellerin Marguerite Duras, die gesagt hat: "Keine Liebesgeschichte kann einem Fremden widerstehen, der plötzlich in eine Bar hereinkommt."
In den 60er-Jahren sei das eine ziemlich gewagte Ansage gewesen, strahlt Ardant, die Literatur und Lyrik über alles schätzt: "Ich bewundere Marguerite Duras sehr."
Liebe nur ohne Eifersucht
Denn wenn sie etwas gar nicht leiden könne in der Liebe, dann sei das die Eifersucht: "Ich habe nie gefunden, dass Treue die wichtigste Säule der Liebe ist." Als junges Mädchen habe sie viel Balzac gelesen und Filme gesehen, in denen eifersüchtige Frauen die Manteltaschen ihrer Ehemänner durchsuchten oder hinter der Türe lauschten: "Da habe ich mir geschworen: In der Liebe bloß nicht den Polizisten spielen. Lieber sterben als eifersüchtig sein."
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Vorzimmer zum Tod
Apropos Sterben: Angst vor dem Älterwerden hat sie nicht, im Gegenteil: "Ich denke viel an den Tod. Das Alter ist das Vorzimmer des Todes. Da sitzt man nicht herum und jammert. Man muss sich auch nicht mehr darum kümmern, was die anderen sagen. Es ist eine Zeit, wo man wirklich frei ist."
Gleichzeitig sei sie sehr melancholisch: "Das ist einfach meine Natur." Oft denke sie an ihre Kindheit, ihre Eltern, die Häuser, die Ferien zurück: "Ich lebe sehr in der Gegenwart, aber ich habe immer diese Flashbacks in meinem Kopf. Ich will nicht, dass die Vergangenheit stirbt."
Natürlich müsse man nach vorne schauen, räumt Fanny Ardant pflichtschuldig ein, aber man dürfe seine Vergangenheit nicht vergessen. Den Blick in die Zukunft wirft sie mit Sorge: "Wenn man junge Leute nach ihrem Vorbild fragt, und sie antworten: Elon Musk – dann könnte ich auf der Stelle losheulen."
Dass sie im französischen Kino kürzlich eine Rolle spielte, in der sie einen zwanzig Jahre jüngeren Liebhaber hat, verdanke sich unter anderem der Literaturtradition von Flaubert, Balzac, Stendhal und Maupassant: "Die Frau in den Vordergrund zu stellen ist Teil des französischen Geistes. Und man hat immer gezeigt, dass man eine Frau auch lieben kann, wenn sie älter wird. Wir drehen nun mal keine Western und Gangsterfilme, aber wir reden viel über Liebesgeschichten."
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