Auktionshaus: Kunstfund nur 30 Millionen Euro Wert

In diesem Haus in München wurden 2012 die 1406 Kunstwerke gefunden.
Ursprünglich war von einer Milliarde Euro ausgegangen worden.

Die bei dem Kunsthändlersohn Cornelius Gurlitt beschlagnahmte Kunstsammlung ist nach Einschätzung eines führenden Auktionshauses viel weniger wert als ursprünglich angenommen. Er schätze den Wert der mehr als 1400 Werke, von denen der größte Teil Papierarbeiten seien, auf bis zu 30 Millionen Euro, sagte der Münchner Auktionshauschef Robert Ketterer am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. In Medien war über einen Wert von mehr als einer Milliarde Euro spekuliert worden.

Die Behörden hatten nach Angaben der Staatsanwaltschaft bei Gurlitt bereits im Frühjahr 2012 fast 1300 ungerahmte und rund 120 gerahmte Bilder beschlagnahmt. Darunter sind Werke von Picasso, Chagall, Marc, Matisse, Dix, Kokoschka und Liebermann. Bisher sind knapp 120 Bilder bei der Datenbank Lostart eingestellt worden. Bei rund 590 Werken wird geprüft, ob es sich um Nazi-Raubkunst handelt, die früheren zumeist jüdischen Eigentümern weggenommen wurde.

Justizstreit

Die deutschen Politiker und Behörden scheinen sich inzwischen immer weiter davon zu entfernen, eine schnelle Lösung für den Umgang mit dem Kunstfund in München zu finden.

Während der bayrische Innenminister neue Gesetze fordert, auf deren Basis man die Werke aus der Sammlung Cornelius Gurlitt an die Erben früherer Besitzer zurückgeben könnte, spricht sich die Justizministerin gegen aktuelle Gesetzesänderungen aus. „Es braucht eine Vertrauensbasis zur Lösung der komplexen rechtlichen Fragen. Zurückliegende und abgeschlossene Sachverhalte sind nur ganz begrenzt einer Gesetzgebung zugänglich“, sagt Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Sie sieht eine Verlängerung der Verjährungsfristen bei NS-Raubkunst skeptisch. Im Mittelpunkt müsse das Gespräch mit Cornelius Gurlitt stehen.

Der zuständige Leiter der Staatsanwaltschaft Augsburg, Reinhard Nemetz, hält indes weiter daran fest, dass Verjährung unter Umständen überhaupt keine Rolle spielt: "Nichteigentum kann nicht im Weg der Erbfolge zu Eigentum mutieren", sagt Nemetz zur Süddeutschen Zeitung. Er halte die Frage, wem die Bilder rechtmäßig gehören, für durchaus lösbar.

Kritik

Dass es in Deutschland keine Gesetze zum Umgang mit NS-Raubkunst – weder im öffentlichen Bereich noch in privaten Sammlungen – gibt, ist im Zuge des internationalen Aufsehens um den Kunstfund wieder ins Bewusstsein gerückt. In den Chor der Kritiker reihte sich nun auch eine Enkelin des Malers Otto Dix ein. „Deutschland hat sich generell nicht mit diesem Thema auseinandergesetzt“, sagte Nana Dix der Nachrichtenagentur AFP. „Es ist einfach nicht geschehen, und jetzt kommt alles heraus, und es ist ein Riesenskandal. Deswegen denke ich, es ist peinlich, schlimm“. Auch vier Werke des zur NS-Zeit verfemten Otto Dix wurden in der Wohnung des Kunstsammlersohnes Cornelius Gurlitt gefunden.

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