"Evita" im Ronacher: Keine Königin der Herzen

Katharine Mehrling als "Evita Peron" und Thomas Borchert als "Peron"
Weil der Mut zur Emotion fehlt: Die Premier des Musicals ließ kalt.

"Evita" im Ronacher hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Seltsam unemotional wirkt Andrew Lloyd Webbers Musical-Klassiker: auf dem Gefühlsbarometer in der Region Eiseskälte. Es fehlt auch hier, wie schon bei "Mary Poppins", der Mut zur Emotion.

Die Vereinigten Bühnen Wien (VBW) sind, so scheint’s, die Erfinder des Teflon-Musicals. Wo’s um Gefühle geht, bleibt nichts haften. Die Augen gehen einem vor lauter optischer Opulenz über. Während sich das Herz verkühlt.

Dabei läuft bei "Evita" auf Treppen, Balkonen oder in Zimmern in der Höhe alles ab wie eine gut geölte Jukebox. Die Lichtregie spielt alle Stückerln. Die Drehbühne dreht sich fast permanent, die Kostüme wechseln fast im Minutentakt, die Choreografie von Star-Regisseur Vincent Paterson hat Schwung ...

Allerdings ist bei den vielen optischen Special Effects leicht zu übersehen, dass das Militär als Karikatur darzustellen vielleicht doch kein guter Regie-Einfall ist.

Trotzdem: Man schließt die Augen und glaubt, Maria Bill zu hören. Edith Piaf auf der Suche nach Evita? Nein, es ist doch kein Playback. Aber toll ist es auch nicht. Am Anfang eher schrill.

No Star Is Born

Katharine Mehrling ist bei ihrem Wien-Debüt in der Titelrolle auf dem Weg vom Aschenputtel zur machthungrigen argentinischen Diktatorengattin bis zur Nationalheiligen und zum Mythos stimmlich – vor allem in den Höhen – hörbar ge- bis überfordert.

Auch wenn sie passabel macht, was sie macht, vom Timbre her ist sie fehlbesetzt. Und ohne Charisma, ob als berechnende Schönheit, die sich Popo-wackelnd die Macht erobert, oder als Scheinheilige. Solide und ein allzu freundlicher Diktator: Thomas Borchert. Drew Sarich als Che bringt in den Abend, der mit einer kurzen Schwarz-Weiß-Filmpassage und dem "Requiem für Evita" beginnt, doch noch Spurenelemente von Emotion.

Koen Schoots am Pult des 25-Mann-Orchesters würde das Stil-Pistaccio aus Jazz, Tanzmusik, sinfonischer Wucht und Schnulze fein austarieren, würde man nicht – auch das eine Unart bei den VBW – soundtechnisch so brutal und lautstark einfach drüberfahren, dass auch die Texte kaum mehr verständlich sind.

Stellt sich die Frage: Warum spielen die VBW überhaupt "Evita"? "Legally Blonde" war ein Flop. Beim "Be-such der alten Dame" wurde nur ein Viertel der Karten zum regulären Preis verkauft. Also braucht man bei möglichst null Risiko Geld in der Kasse. Ob das diese "Evita" bringen wird, muss sich erst zeigen.

Kommentare