"Es schaut so aus, als ob damals einiges schiefgegangen ist"

Gustav Klimts „Apfelbaum II“: Das Gemälde, um 1916 entstanden, dürfte allem Anschein nach der Familie Lederer gehört haben. Es wurde aber an die Erben nach Nora Stiasny restituiert
"Apfelbaum II": Für Klimt-Spezialist Weidinger ist die Provenienz Lederer erwiesen, ein Erbe fordert rasche Aufklärung, Eva Blimlinger lässt recherchieren.

Es geht um etwa 30 Millionen Euro – und so ist die Aufregung groß: Gustav Klimts Gemälde "Apfelbaum II" dürfte, wie der KURIER am Sonntag berichtete, im Jahr 2001 an die falsche Familie restituiert worden sein. Denn die Republik Österreich gab das Bild an die Erben nach Nora Stiasny zurück; anspruchsberechtigt dürften aber die Erben nach Serena und August Lederer sein. Um eine Rückgabe an die Stiasny-Erben argumentieren zu können, wurde damals eine nicht haltbare Provenienzkette (Reihenfolge der Besitzer) erfunden.

"Es schaut so aus, als ob damals einiges schiefgegangen ist"
Gustav Klimt: Apfelbaum II 1916 Öl auf Leinwand 80 x 80 cm Privatbesitz
Alfred Weidinger, Vizedirektor des Belvedere und Spezialist für Klimt, bestätigt gegenüber dem KURIER die Einschätzung. Im Jahr 2016 wird eine Studienausgabe seines Klimt-Werkkatalogs erscheinen. Diese wird nicht nur neue kunstwissenschaftliche Erkenntnisse und seit 2007 entdeckte Gemälde berücksichtigen: Weidinger kontrolliert auch die Provenienzangaben. Im Fall vom "Apfelbaum II" gelangte er aufgrund seiner Prüftätigkeit und weiterer Forschungsergebnisse zur Ansicht, "dass nunmehr August Lederer als ehemaliger Eigentümer anzusehen ist". Das Bild zählt für Weidinger "zu den herausragenden Werken aus der letzten Schaffensperiode von Klimt" – und sei weit bedeutender als das etwas größere Gemälde "Apfelbaum I".

Widersprüchlich

"Es schaut so aus, als ob damals einiges schiefgegangen ist"
Eva Blimlinger
Für Akademie-Rektorin Eva Blimlinger, Leiterin der Kommission für Provenienzforschung, "schaut es aufgrund der vorliegenden Dokumente so aus, als ob damals einiges schiefgegangen ist". Das ziemlich widersprüchlich formulierte Dossier, das die Basis für die Rückgabeempfehlung bildete, wurde unter ihrem Vorgänger Ernst Bacher erstellt. Blimlinger lässt den Fall nun neu prüfen: "Es wird ein wenig dauern." Die Frage, ob die Staatsanwaltschaft eingeschaltet werden soll, will sie (noch) nicht beantworten.

Ein Lederer-Erbe legte unterdessen mehrere Dokumente vor, die beweisen, dass "Apfelbaum II" einst seiner Familie gehörte. Er übermittelte die Rechercheergebnisse bereits vor geraumer Zeit der Kommission für Provenienzforschung, am Montag fragte er per Mail bei Kulturminister Josef Ostermayer und bei der Finanzprokuratur nach. Er bittet unter anderem, ihm "möglichst schnell den Rechtsanwalt der Erben von Stiasny zu nennen, damit meine Rechtsanwälte mit ihm in Kontakt treten können". Es handelt sich dabei um den Restitutionsspezialisten Alfred Noll. Pikanterweise vertritt er auch eine Lederer-Erbengruppe.

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