Es gibt keine Märkte, nur Telefone rechts und links
Was kommt nach uns?
Nur der Börsenschluss.
Wr befinden uns im Kopf eines Börsenhändlers, eines Traders – in diesem Fall ist das gewissermaßen eine Blase.
Gesicht hat der Ferrari-Fahrer keines. Braucht er ja nicht. Nur ein Telefon links braucht er, um in Chicago einzukaufen, und ein Telefon rechts, um in Tokio zu verkaufen.
"Das mit den Märkten erzählen wir nur den Leuten, damit sie etwas haben, woran sie glauben können, denn der liebe Gott ist nicht mehr hier."
Während einer fiebrigen Erkältung erkennt dieser Typ, dass er wider Erwarten doch nicht unbesiegbar ist. Die Panikattacken, die er fortan bekommt, passen zum Zucken der Kurven, die die Börsenkurse anzeigen. Und weil’s ihm schlecht geht, legt er es auf den Crash an ...
Der Wiener Michael Amon will mit diesem Porträt Angst erzeugen. Großartig gelingt ihm das. Er ist einer der wenigen Schriftsteller im Land, die sich einmischen – in Wirtschaft und Politik. Das macht ihn so wichtig.
KURIER: Gibt es ein Vorbild für Ihre Romanfigur?
Michael Amon: Ja, einen Jugendfreund von mir. Einen Börsenhändler, der an diesem Job und dessen Widersprüchen wirklich krank geworden ist. Inzwischen hat er die dritte Krebserkrankung in zehn Jahren.
Das Thema macht Sie zornig ...
Ich empfinde mich nicht als zornig oder gar als "Wutbürger", das wäre mir zu richtungslos. Wenn so etwas wie Zorn durchklingt, dann wohl auf eine Menschheit, die nichts dazulernt.
Ein solcher Typ regt Sie also gar nicht auf?
Ein Spekulant, der mit seinen Geschäften an Warenterminbörsen in letzter Konsequenz auch Hungersnöte verursachen kann, gehört ins Kabinett der Gruselfiguren. Wenn mich etwas wirklich aufregt, dann die Tatsache, dass die Regierungen (und auch die EU) nach der letzten Finanzblase nichts unternommen haben, dass so etwas nie wieder geschehen kann. Inzwischen jagen die Spekulanten schon wieder die Börsenindices zu immer neuen Höchstständen. Der Homo sapiens ist kein vernünftig handelndes Wesen, denn nicht einmal der Neandertaler wäre auf die Idee gekommen, fünf Mammute zu erlegen, eines zur Hälfte aufzuessen und den Rest verrotten zu lassen. Aber genau so funktioniert der heutige Vergeudungskapitalismus. Was für ein ärmliches Lebewesen ist das, das sein Leben darauf ausrichtet, aus fünf Milliarden Dollar sechs, sieben oder acht zu machen?
Nein, nein, Sie sind wirklich nicht zornig.
Kann ja sein, dass all das mich in der Tat zorniger macht, als ich selbst wahrhaben will.
KURIER-Wertung:
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