Erwin Wurms Monumente für die Wohlstandswampe
Er hätte seine neue Werkserie selbst nicht unbedingt im Rahmen eines Biedermeier-Salons präsentiert, sagt Erwin Wurm. Dass das Werk von Österreichs wohl prominentestem Künstler Anküpfungspunkte zur Epoche hat, ist dennoch nicht zu leugnen: Nicht selten ironisierten oder monumentalisierten Wurms Werke schon das kleine Glück, ob mit dem gestauchten „Narrow House“ oder dem Wohnwagen auf der Venedig-Biennale 2017, bei dem Besucher Verrenkungen vollführen sollten. 2017 paarte auch das Leopold-Museum Wurm mit dem Biedermeier-Satiriker Carl Spitzweg.
Im Wiener Geymüllerschlössel, das als Außenstelle des MAK als Biedermeier-Juwel gepflegt und nun wieder geöffnet ist, zeigt Wurm nun Arbeiten aus glasierter Keramik, die seinem Wunsch entsprangen, abseits des durchorganisierten Werkstattbetriebs selbst Hand anzulegen und „formfindend“ tätig zu werden. Die Gebilde sind abstrakter und gröber als die polierten Skulpturen, für die Wurm gemeinhin bekannt ist (die Galerie Ropac zeigt diesbezüglich Arbeiten bis 31.8. in ihrer Halle in Salzburg). Und doch führen sie seine Ansätze logisch weiter: Denn neben den abstrakten Formen finden sich stets auch Abdrücke echter Körperteile, von Lippen, Ellbögen oder – durchaus üppigeren – Bäuchen.
Die klassische Skulpturkategorie des Torsos hallt in den Figuren ebenso wider wie die Spur von mitunter peinlichen Entgleisungen oder Verrenkungen, die Wurm in seinen frühen Arbeiten, in denen sich Akteure unter großen Pullovern wanden, bereits als skulpturwürdig definierte.
Der Biedermeier-Salon unterstreicht noch den Bühnencharakter der Angelegenheit und erweist sich somit als würdiger Rahmen. Im Geymüllerschlössel, bis zum 5. Dezember immer samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet, wurde zudem ein neuer Raum eingerichtet, der die Geschichte des Anwesens erzählt.
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