"Emil und die Detektive": Theaterzauber mit Festnetztelefon und D-Mark

"Emil und die Detektive": Theaterzauber mit Festnetztelefon und D-Mark
Die Erich-Kästner-Bühnenadaption im Theater der Jugend ist bestes, aufwendig gemachtes und schön umgesetztes Theater für die Kinder.

Das Theater der Jugend kennt den besten aller Disney-Tricks: Wenn etwas für Kinder wirklich erfolgreich sein soll, dann sollte es sich am besten auch an die Eltern richten. Das machen die Disney-Filme - und das macht auch die neue Produktion des Theaters der Jugend, "Emil und die Detektive", vorbildlich: Die Erich-Kästner-Bühnenadaption ist bestes, aufwendig gemachtes und schön umgesetztes Theater für die Kinder - und weckt Kindheitserinnerungen bei den Eltern. Eine exemplarische Einführungsproduktion in den Theaterzauber.

Eine Erinnerungsanpassung braucht es am Anfang: Nein, es stehen keine Kinder als Emil und seine schlauen Freunde auf der Bühne, sondern junge Erwachsene in kurzen Hosen. Ist man da einmal drübergekommen, wird man hübsch in die Detektivgeschichte im Berlin der 1930er ("Was sind Mark?", fragen nachher die Kinder) hineingezogen. 

Sarah Caliciotti und Regisseur Frank Panhans haben in ihrer Fassung des Kästnerromans jene Szenen ausgewählt, die man auch dann noch in Erinnerung hat, wenn man das Buch vor vielen Jahrzehnten das letzte Mal gelesen hat: Die Zugfahrt, auf der Emil (Jonas Graber) ausgeraubt wird, bringt die Sache ins Rollen, schön gelöst mit einem lebensgroßen Waggon und Einspielungen auf einer beweglichen Leinwand (Bühne und Videos: Ulv Jakobsen). Davor wird, mit einem Außenpolitikgag für die Eltern, vor der großen, bösen Stadt gewarnt - dort essen sie nämlich Katzen und Hunde.

"Emil und die Detektive": Theaterzauber mit Festnetztelefon und D-Mark

Von da an entspinnt sich die bekannt Geschichte; Emils schlaue Jagd auf den Dieb Grundeis (Frank Engelhardt) mit Hilfe seiner detektivischen Freunde rund um Gustav mit der Hupe (Marko Kerezović) ist flott erzählt. Und auch ein historischer Grundkurs für manches Kind, das dann die Eltern sehr fragend (bis skeptisch) anschaut, warum etwa Kleiner Dienstag (Stefan Rosenthal) nach Hause muss, um dort am Festnetztelefon auf neue Infos zu warten (man kann da vom schönen Gedankenexperiment erzählen, welche literarischen Probleme sofort gelöst wären, wenn die Protagonisten einfach Mobiltelefone benützen könnten. Romeo und Julia: ja, Emil und die Detektive: nein).

"Emil und die Detektive": Theaterzauber mit Festnetztelefon und D-Mark

Die Schauspielerinnen und Schauspieler schlüpfen behände in mehrere Rollen ("Die Oma spielt wirklich gut", ruft ein Kind, Uwe Achilles steht auch u.a. noch als Erich Kästner auf der Bühne). Das Ganze ist aber alles andere als jenes Spartheater, das für Kinder oft gut genug sein muss: Man hat an anderen (Erwachsenen-)Bühnen schon weit weniger Aufwendiges und weniger liebevoll Gestaltetes gesehen als diese unterhaltsamen (knapp) zwei Stunden inklusive Pause. 

"Emil und die Detektive": Theaterzauber mit Festnetztelefon und D-Mark

Auf ihrer Diebesjagd machen die Detektive Freundschaft und Zusammenhalt spürbar, stürmen dann wild durch die Publikumsreihen - und schaffen am Schluss gemeinsam, was Emil alleine nie gelungen wäre. Und das ist ja auch eine nicht ganz unwichtige Geschichte für unsere Zeit.

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