Und das fand im wunderbaren Haydn-Saal im Schloss Esterházy statt - mit dem völlig identischen Programm.
Zuerst einmal bei Franz Schuberts Sinfonie Nr. 3 D-Dur D 200, die unter seinen „Jugendsinfonien“ einen Höhepunkt darstellt und schon mit großer Meisterhaftigkeit komponiert worden war. Sie wurde mit starken Akzenten, strahlender Heiterkeit und Frische, ja Wiener Charme musiziert. Besonders das Presto-Finale mit der stürmischen Tarantella riss mit. Natürlich durfte Joseph Haydn nicht fehlen: Seine Sinfonie Nr. 90 in C-Dur wurde ebenfalls sehr lebendig, besonders im ausgelassen wirbelnden Finale und mit vielen Nuancen gespielt.
Dazwischen sorgte er auch für die ideale Begleitung bei von Weber. Aus der Oper „Oberon“ erklangen zwei Arien der Rezia „Ocean! Thou Mighty Monster“ und „Mourn Thou, Poor Heart“ mit Feenzauber, Leidenschaft, aber auch Verzweiflung, sowie die Arie der Agathe aus dem „Freischütz“ „Leise, leise fromme Weise“. Diesen lieh die englische Sängerin Lucy Crowe ihren ausdrucksstarken, höhensicheren und in allen Lagen fein klingenden Sopran. Großer Jubel!
Von Helmut Christian Mayer
Der musikalische Marathon-Mann kann auch als Liedsänger Begeisterung entfachen
Günther Groissböck und Malcolm Martineau im Musikverein
Kritik. Wie sich ein Marathon in einem Opernsängerleben manifestiert, lebt Günther Groissböck, einer der gefragtesten Bässe, seit Monaten vor. In den vergangenen Wochen verbuchte er mehr Auftritte als so manche seiner Kollegen in zwei Jahren nicht wagen würden.
Als Regisseur und Sänger (als König Philipp) triumphierte er mit und in Verdis „Don Carlo“ in Klosterneuburg, sang in Bayreuth, zudem Solo-Abende bei Sommerfestivals und ist derzeit an der Wiener Staatsoper in Richard Strauss“ „Daphne“ und in Richard Wagners „Tristan und Isolde“ zu erleben.
Vor seinem Gastspiel in der Londoner Wigmore Hall am 22. 9. schob er einen Liederabend im Wiener Musikverein ein. Malcolm Martineau war ihm ein famoser Partner. Groissböck nützte die Intimität des Brahms-Saals, setzte auf die warmen Farben seiner Stimme und eine hohe Dosis an Expressivität. Bestechend gerieten Robert Schumanns Vertonungen von Heinrich Heines Gedichten.
Mit Ironie, Schärfe und Dramatik intonierte er fesselnd „Die feindlichen Brüder“, „Belsazar“ und „Die beiden Grenadiere“. Schumann, Heine, Groissböck und Martineau – eine ideale Kombination. Mehr davon wäre ein Gewinn. Ein Block mit Liedern von Anton Bruckner ließ aufhorchen. Bei Richard Strauss war er ganz in seinem Element. Alles andere als leicht hatte es sich der Sänger mit dem restlichen Programm gemacht. Bei den fordernden Tonschöpfungen von Hans Rott und den Auszügen aus Gustav Mahlers „Des Knaben Wunderhorn“ ließ er das Gigantische dieser Aufgabe hören, bestach mit Expressivität, vermittelte echte Emotionen, etwa, wenn er vom Leid eines Deserteurs sang. Jubel für diesen Ausnahmesänger!
Von Susanne Zobl
Mit Grant gegen alle: Ein Feuerwerk rasanter Dialoge
„Der Menschenfeind“ von Molière überzeugt in der Inszenierung von Dominic Oley
Kritik. Ob Molière eine Komödie oder eher eine Parabel geschrieben hat, lässt der Regisseur Dominic Oley am Landestheater Niederösterreich in St. Pölten offen. „Der Menschenfeind“ (Gastspiel am 4. Oktober in Baden) gerät bei ihm zum veritablen Feuerwerk rasanter Dialoge, das in kompakten, kurzweiligen eineinhalb Stunden zwischen diesen beiden Polen oszilliert. In dessen Zentrum steht Alceste, bei Molière ein junger Mann, der gegen die Intrigen, am Hof Ludwig XIV., des Sonnenkönigs, aufbegehrt.
Er führt einen Prozess, gegen wen und warum, verrät Molière nicht. Die einzige Schwäche, die Alceste sich und auch vor anderen eingesteht, ist seine Liebe zur jungen Witwe Célimène. Deren größtes Vergnügen ist es, ihre Verehrer mit Briefen in die Irre zu führen und gegeneinander auszuspielen.
Revue mit Glühbirnen
Oley verlegt die Geschichte aus dem Paris des 17. Jahrhunderts in eine unbestimmte Zeit. Michael Köpke verwandelt die Bühne in eine Art Revue-Theater. 505 Glühbirnen auf zwölf schwarze Rahmen, die in Richtung Hinterbühne immer kleiner werden, suggerieren eine seltsame Unendlichkeit, respektive die ewige Wiederholung des Immergleichen. Nachvollziehbar, was Moliére 1666 geschrieben hat, hat nichts an Gültigkeit verloren. Geheuchelt, angeklagt wird stets und von allen Seiten.
Wie leicht wäre es, einen Aspekt aus der Gegenwart herauszugreifen und auf diesen „Menschenfeind“ zu übertragen. Oley aber geht weiter. Er will Allgemeingültigkeit. Das manifestiert sich in seiner Besetzung. Er lässt Frauen Männer spielen und umgekehrt. Das ist nichts Neues, vor allem in Zeiten von Diversität und Genderfluidität. Alceste, der titelgebende Misanthrop, wird bei Oley von einer Schauspielerin gespielt.
Julia Kreusch zeigt eine Gestalt, bei der das Geschlecht keine Rolle spielt. Sie ist ein Menschenfeind, der alle Klischees ausspielt, sie grantelt, wütet, belehrt ihr Publikum wie eine Volksschauspielerin und wird am Ende zur tragisch, bedauerlichen Figur. Bettina Kerl assistiert als Alceste in der Rolle seines Freundes Philinte und mutiert genuin zur weiblichen Arsinoe.
Geschick
Verwandlungsgeschick demonstrieren auch Tobias Voigt als Acaste und Eliante sowie Julian Tzschentke in mehreren Rollen. Caroline Baas spielt sich als Célimène immer wieder ins Zentrum dieser sehr gut gearbeiteten Aufführung. Dem Premierenpublikum hat es gefallen. Zurecht viele Bravos.
Von Susanne Zobl
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