Eine Beleidigung, die niemand hört
2001 erschien der Roman über Magersucht unter Pseudonym, erst spät erfuhr man: "Tage ohne Hunger" ist eine persönliche Geschichte des neuen französischen Literaturstars Delphine de Vigan.
Bei ihr werden Erinnerungen "wie ausgeblutete Schweine" gelagert, aufgehängt an den Füßen, und nur ganz vorsichtig werden sie aus dem Kühlraum geholt: Eine 19-Jährige hatte zu essen aufgehört. 1,75 m Skelett, 36 Kilo Körpergewicht.
Winzigkeit Vertrauen
Sie hatte ihren ausgezehrten Körper den Eltern "wie eine Beleidigung ins Gesicht" schlagen wollen. Aber ... die hätten es nicht gespürt. Jetzt liegt sie, Laure ist ihr Name, im Krankenhaus, und ihr Arzt bekommt, "in Eierkartons verpackt", die Winzigkeit Vertrauen, die sie noch herschenken kann.
De Vigans hat interessante Vergleiche; und dann wieder einen kargen Stil. Üppig und nüchtern. Das mischt sich gut. Der Prozess der Gesundwerdung steht im Vordergrund, nicht Schuldzuweisungen, die ohnehin meist falsch sind.
Delphine de Vigan:
„Tage ohne
Hunger“
Übersetzt von
Doris Heinemann.
DuMont Verlag.
176 Seiten.
20,60 Euro.
KURIER-Wertung: ****
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