Eine Balkanpop-Party für Hoppeltänzer
Es gibt wilde Klänge, die eigentlich nach Hammel am Grillspieß, Bier und Schnaps verlangen: Weil sie selber deftig sind.
Balkan und Gypsybrass mit Goran Bregović zum Beispiel. Furiose Blechblasmusik mit hoher Beats-per-Minute-Frequenz aus dem Nährboden, der sich von Budapest über Skopje und Sarajevo bis Sofia und Istanbul erstreckt.
Ohne das oft so betuliche Humptata wie beim heimischen Frühschoppen. Aber gewürzt mit Pfefferoni für die Ohren.
Lebenslust
Freitag im Konzerthaus ohne Stühle im Parkett bahnen sich die Trompeter ihren Weg durch das Publikum zur Bühne. Minuten später ist der Bär los. Die Wedding and Funeral Band fährt zunächst schräg und schrill auf mit vor Lebenslust überbordender, schneller, lärmiger Tanzmusik. Die wird von schmissigen Synkopen vorangetrieben. Bis zur Ohrenbetäubung. „ Champagne for Gypsies“ – unter diesem Titel auch auf CD erschienen – ist nichts für die Moonboots-Schlagerfuzzi-Fans.
Aber für Kampftrinker. Oder Hoppeltänzer, wenn die Melodienseligkeit plötzlich in einen G’strampften übergeht. Und sich etwa bei „Gas gas“ über den pumpenden Rhythmen das orientalisch klingende Gewusel der Trompeten erhebt.
Zum Verschnaufen gibt’s von zwei Sängerinnen in traditioneller Landestracht aus Bulgarien Folklore zum Herzerweichen.
Goran Bregović spielt auf seiner blauen Gitarre, obwohl er sich gerade erst in einen Finger der linken Hand geschnitten hat. Was immer sich zwischen Marsch und Tango integrieren lässt, nutzt er, um Brücken zu schlagen zwischen Nostalgie und Innovation.
Jedes seiner Konzerte ist eine kleine Hochzeitsfeier. Wo er herkommt, ist es Brauch, zur Beerdigung die Musik zu spielen, die der Tote zu Lebzeiten mochte. Also Hochzeitsmusik.
Wer’s verpasst hat, bekommt eine zweite Chance: „Champagne for Gypsies“ ist auch am 24. 5. im Festspielhaus St. Pölten.
KURIER-Wertung:
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