Ein Weltreisender misstraut den "Sehenswürdigkeiten"

Ein Weltreisender misstraut den "Sehenswürdigkeiten"
Der Schriftsteller Ilija Trojanow schrieb eine "Gebrauchsanweisung fürs Reisen", philosophisch und praxisnah.

Reisen ist: ein Strand in Afrika, vielleicht in Kenia, vielleicht nördlich der Stadt Malindi. Sehr weiß, hohe Dünen, kein Mensch weit und breit. Reinste   Idylle. Man springt ins Wasser, man wälzt sich im Sand.
Duschen gibt es allerdings keine. Schatten gibt es allerdings nirgendwo. Und niemand verkauft Getränke. Ein Cappuccino mit Meerblick wäre fein.
Aber dann wäre es nicht Reisen, sondern: Tourismus.
Gehen. Schweigen. Teilen. So ist das, wenn sich  Ilija Trojanow (Bild oben) von der Wiener Wohnung aus auf den Weg macht.  Schon als Sechsjähriger war er – damals allerdings  unfreiwillig –  Weltreisender, die Flucht 1971 mit seinen Eltern, fort aus Bulgarien, hatte  über Jugoslawien, Deutschland, Kenia, Paris, Mumbai, Kapstadt ... geführt.

Nebensächlich

Wenn sich Touristen an den Elefanten nicht sattsehen konnten, so hatte er, der Bub, Augen für zwei kleine Eidechsen, die miteinander stritten.
Der Blick aufs scheinbar Nebensächliche ist Trojanow geblieben.
Er ist sehr zu empfehlen. Denn das Große, das „Sehenswürdige“, ist oft eine Enttäuschung. Das Kleine jedoch, das meist Übersehene, bleibt lange  im Gedächtnis.
Ilija Trojanow hat sozusagen die Lizenz, eine Ernst zu nehmende „Gebrauchsanweisung fürs Reisen“ zu schreiben. Das Buch hat Philosophie ... immer und zum Beispiel bei der Erklärung, warum Bombay ein Lieblingsort des Autors  ist: Weil die 20-Millionen-Metropole alle Sinne herausfordert ... und die Menschlichkeit.
Das Buch ist aber auch praxisnah: Man möge wenig Gepäck mitnehmen. Aber zum Reisepass zusätzlich, im Gepäck an anderem Ort aufbewahrt, zwei Farbkopien dabei haben, falls der Pass verschwindet.
Auch sei es von Vorteil, die Hose herunterzulassen. Zwar nicht unbedingt in Spanien, aber weiter weg, wenn man sich nach Ankunft im afrikanischen, asiatischen Raum neu einkleidet.
In Indien sei ein langes Hemd namens Kurta Pajama in Kombination mit Jeans oder ein Lungi (Wickelrock)  bequem, und so komme man dem Land sofort näher. Genauso, wenn man sich mit der Sprache anfreundet: „Wer seiner Zunge fremde Laute abverlangt, der zeigt seine Bereitschaft, in die Fremde einzutreten.“
Reisen ist – wie Trojanow lesen: Engstirnigkeit geht verloren.

 

Ilija Trojanow:
„Gebrauchs-
anweisung
fürs Reisen
Piper Verlag.
208 Seiten.
15,60 Euro.

KURIER-Wertung: ****

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