Ein Universalkünstler erzählt "phantastische Geschichten"

Arik Brauers Bild, das für die Tragödie des 20. Jahrhunderts, den Judenmord, steht: „Mein Vater im Winter“
Große Arik-Brauer- Retrospektive im Leopold Museum – mit sehr vielen Exponaten des Malers und Sängers, die öffentlich noch nie zu sehen waren.

Arik Brauer hat sein eigenes Haus und Privatmuseum fast leergeräumt, um "Gesamt.Kunst.Werk" (bis 16. 2.) im Unteren Atrium des Leopold Museums zu bestücken.

Die Schau ist mit 270 Werken – ein Drittel davon erstmals öffentlich zu sehen – tatsächlich eine Art enzyklopädischer Rundumschlag. Im Mittelpunkt stehen rund 80 farbintensive Gemälde des Malers der Wiener Schule des Phantastischen Realismus. Der 85-Jährige ist sich und seinem feinmalerischen Stil stets treu geblieben.

Keine Langzeitmode

Dass ihn die Avantgarde, die heute auch keine mehr ist, abgelehnt hat, war ihm egal. Er konnte nie anders: "Ich muss Geschichten erzählen."

Etwa aus der Bibel. Deshalb ist seine Kunst die gegenständliche Malerei. Und er gesteht: "Eine andere hätte mich nicht interessiert."

Denn Brauer war überzeugt, dass "die Malerei keineswegs eine Langzeitmode von 30.000 Jahren ist oder war, sondern dass die Malerei ein Teil des Homo sapiens ist, vergleichbar mit dem Erlernen der Sprache".

Zu entdecken ist Arik Brauer in der Schau aber auch als Zeichner und Keramikkünstler, als Bühnenbildner und Dichter, als Schöpfer von Kleinplastiken und Schmuckgegenständen. Fotografien und ein neuer Film dokumentieren seine Karriere als Sänger und Entertainer.

Architekt Gustav Peichl hat einen Pavillon entworfen, dessen sechs Außenwände Brauer an sechs Sonntagen live vor Publikum bemalen wird. In sechs pyramidenförmigen Schaukästen werden Fotos, Dokumente, Bücher, Schallplatten und Kleinplastiken des Künstlers präsentiert.

"Er war nie ein vordergründiger politischer Künstler oder Maler", sagt Peichl. "Aber seine Bildung, seine Bildung und sein Humor helfen Arik Brauer, in der Zeit zu sein und in der Zeit zu bleiben."

Oberflächlich betrachten darf man seine Bilder nicht, die von einer kritischen Auseinandersetzung mit Umwelt, Politik und Geschichte zeugen wie beim "Tschernobyl-Triptychon" (1996/’97), dem Zyklus "Verfolgung des jüdischen Volkes" (1974/ ’75) oder Arbeiten gegen die Unterdrückung der Frau (in der Dritten Welt). Elisabeth Leopold sagt: "Wir haben schon genug vom ewigen Abstrakten! Wir wollen wieder etwas sehen, bei dem uns das Herz aufgeht."

Ihr wurde nach dem ersten Augenschein mit Brauers "fast zu erdrückend bunten" Werken die Begegnung mit dem Gemälde "Mein Vater im Winter" (1983/’84) zum Schlüsselerlebnis: "Das Bild eines in eine Decke gewickelten Mannes mit einem leuchtenden Judenstern auf der Brust in einer winterlichen Landschaft steht für die Tragödie des 20. Jahrhunderts, den Judenmord."

INFOBis 16. 2. tgl. 10–18 Uhr, Do. 10–21 Uhr; Katalog: 19,90 Euro www.leopoldmuseum.at

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