Ein "Sternenweiser" für den Weltuntergang

Ein "Sternenweiser" für den Weltuntergang
Im allgemeinen Weltuntergangs-Hype zeigt das neue Buch "Krawumm", dass Ängste vor einem verheerenden Asteroideneinschlag unbegründet sind.

Als Wissenschaftler hat es den geborenen Kremser Florian Freistetter in die deutsche Universitätsstadt Jena verschlagen, als Buchautor ist er jetzt an den Ort seines Studiums, nach Wien, gekommen. Der 34-jährige Familienvater, der seit 2008 mit Astrodicticum simplex (bedeutet so viel wie "einfacher Sternenweiser") einen der erfolgreichsten Wissenschaftsblogs im deutschsprachigen Raum betreibt, ist heute hauptberuflich Wissenschaftsautor.

In Wien präsentiert er sein neuestes Buch "Krawumm! - Ein Plädoyer für den Weltuntergang" (ab 12. April im Handel), das sich zwar an den 2012er Weltuntergangs-Hype dranhängt, aber gleichzeitig darüber aufklärt, dass die Angst vor dem Asteroideneinschlag reichlich unbegründet ist. Egal ob es auf Planeten, Sonnen oder in Galaxien "Krawumm!" macht, Freistetter erklärt auch für den Laien gut verständlich, warum das eine Menge positive Seiten hat, in der Regel auch für uns Menschen.

KURIER: Herr Freistetter, wie kommt man auf die Idee, ein Buch über kosmische Kollisionen zu schreiben?
Ich habe Himmelsmechanik studiert und mich in der Doktorarbeit mit Kollisionswahrscheinlichkeiten von erdnahen Asteroiden beschäftigt. Da liegt es nahe, ein Buch über Kollisionen zu schreiben.

Ein "Sternenweiser" für den Weltuntergang

Und warum "Ein Plädoyer für den Weltuntergang", wie es im Untertitel heißt?
Mir ging es darum zu erklären, dass alles ständig zusammenstößt in unserem Weltall, ohne dass man gleich den Weltuntergang herbeiredet oder in diese Hysterie a la "Mein Gott, wir werden alle sterben!" verfällt. Ohne Kollisionen gäbe es kein Sonnenlicht, keine Erde, kein Wasser und auch keine Menschen. Vielleicht gäbe es nicht einmal unser Universum, weil es - das ist vorstellbar - aus der Kollision zweier Universen entstanden ist.

Das heißt eine Kollision hat immer zwei Seiten: Sie ist zerstörerisch und gleichzeitig fruchtbar.
Ja, und sie kann sogar nur fruchtbar sein, etwa wenn zwei Galaxien miteinander kollidieren: Dabei entstehen Millionen neuer Sterne.

Wenn jetzt unsere Galaxie mit der Nachbargalaxie Andromeda kollidiert, wie würde sich das auf der Erde bemerkbar machen?
Die Andromeda-Galaxie würde uns näher rücken und wäre irgendwann himmelsfüllend mit all ihren Sternen. Nur gibt es zwischen den Sternen viel Raum mit praktisch Nichts, d.h. eine Kollision von Sternen ist sehr unwahrscheinlich. Für uns ändert sich also nichts Fundamentales, die Erde bliebe erhalten. Die Galaxien verschmelzen miteinander und verändern ihre Form. Es kann noch sein, dass Sterne aus der Galaxie geschleudert werden. Wenn das mit unserem Sonnensystem passieren würde, könnten wir plötzlich von außen auf unsere Milchstraße sehen. Bis wir aber mit der Nachbargalaxie kollidieren, vergehen noch gut zwei Milliarden Jahre.

Ein "Sternenweiser" für den Weltuntergang

Wie wahrscheinlich ist es denn, dass ein Mensch in seinem Leben einen kräftigen, sagen wir, global wirksamen Asteroideneinschlag erlebt?
Da muss man unterscheiden. Jeden Tag gehen ein paar Dutzend bis Hundert Mikro-Asteroiden runter, die wir nicht wahrnehmen. So ein Asteroid braucht schon mindestens 50 Meter Durchmesser, wenn er es überhaupt bis zum Erdboden schaffen will. Ein 200-Meter-Asteroid, der auf Graz fällt, würde die Stadt komplett zerstören, in Wien würde sich aber nicht viel tun. Der Asteroid, der die Dinosaurier ausgerottet hat, war größer als einen Kilometer im Durchmesser. Das sind die global gefährlichen, die die Menschheit auslöschen können. Von diesen sehr großen Asteroiden gibt es in Erdnähe rund 1000, mehr als 90 Prozent davon kennt man bereits, und man kennt deren Bahn. Das heißt, die Wahrscheinlichkeit, dass man so einen massiven Einschlag erlebt, ist praktisch Null.

Und die zehn Prozent der nicht bekannten, großen Asteroiden, die da herumschwirren?
Wenn einer entdeckt wird, der die Erde ernsthaft bedroht, hätte die Menschheit genug Zeit, mit Sicherheit ein paar Jahrzehnte, um entsprechende Gegenmaßnahmen zu entwickeln.

Trotzdem fürchten sich so viele vor einem baldigen Einschlag.
Wenn ein großer Asteroid auf die Erde kracht, betrifft das jeden. Das schafft globale Aufmerksamkeit. Und der Großteil der Menschen ist beim Thema Asteroid einfach unwissend. Deswegen sind Weltuntergangstheorien hier so erfolgreich. Da ist etwas, das kommt von außen, das ist unbekannt und unberechenbar - das macht Angst. Dabei ist es absurd zu sagen, 2012 kommt der Asteroid. Genau so gut könnte man sagen, Wien wird morgen von 100 feuerspeienden Drachen angegriffen.

INFO: "Krawumm! - Ein Plädoyer für den Weltuntergang", Ecowin Verlag, 22,90 Euro. Ab 12. April im Handel.

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