Ein Öl-Boom für die Kunst
Die fast gleichlautenden Berichte kennt man seit Jahren: Nach Auktion um Auktion werden neue Rekordpreise vermeldet, der Kunstmarkt verzeichnet einen Höhenflug. Die Erklärbären in den Medien haben dann rasch einen Grund parat: Kunst gilt in Zeiten der unsicheren Wirtschaftslage als sichere Anlage, als gute Investition.
Aber es gibt noch einen anderen, weniger offensichtlichen Grund: Der Kunstmarkt hat in den vergangenen Jahren deshalb so angezogen, weil ein mächtiger neuer Player eine höchstwertige Sammlung aufbaut. Und dabei über ein beneidenswertes Budget verfügt.
Rothkos „White Center“, 2011 um 70 Millionen Dollar. Damien Hirsts Pillensetzkasten „Lullaby Spring“, 2007 um mehr als 20 Millionen Dollar erworben, damals ein Rekord für einen lebenden Künstler.
Milliardenbudget
Das jährliche Ankaufsbudget Katars beträgt eine Milliarde Dollar, also knapp 760 Millionen Euro. Zum Vergleich: Alle österreichischen Bundesmuseen zusammen erhielten 2012 knapp über 107 Millionen Euro öffentliche Förderung. Für Ankäufe stand davon nur ein minimaler Bruchteil zur Verfügung. Auch große internationale Museen können nicht mit Katar mithalten: Das Museum Of Modern Art in New York hat 2012 32 Millionen Dollar für Ankäufe ausgegeben.
Dies zeigt deutlich, dass die etablierten Positionen von Europa und den USA als Kunstzentren zumindest auf finanzieller Seite zunehmend unter Druck geraten. Während hier an Kultur gespart wird, hat Katar volle Taschen. Und sorgt so dafür, dass wichtige Kunstwerke nicht mehr in Europa oder den USA zu sehen sind. Katar wurde rasant zum bedeutendsten Kunstkäufer der Gegenwart.
Wo Katar, das bei den Ankäufen auf strikte Geheimhaltung setzt, all diese Kunst im Endeffekt aber herzeigen will, sei unklar, schreibt die New York Times, deren Bericht seit Jahren in Fachmagazinen kursierende Einschätzungen Katars bestätigt. Denn die kulturellen Ambitionen des Golfstaates äußern sich zwar in mehreren immensen Museumsbauten in der Hauptstadt Doha; ein entsprechendes Haus für große europäische Kunst ist aber noch nicht angekündigt.
Um eines sorgt sich die Kunstwelt trotz der guten Preise am Kunstmarkt bereits jetzt: Auch die schönste Shopping-Tour hat einmal ein Ende. Wenn sich der größte Käufer aus dem Markt zurückzieht, könnte das negative Auswirkungen auf die Preise haben. „Sie werden eine große Lücke hinterlassen, und ich sehe niemanden, der diese auf entsprechendem Niveau füllen kann“, sagt David Nash, ehemaliger Chef des Auktionshauses Sotheby’s.
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