Ein Fleischhauer wird geselcht
KURIER: Herr Raab, wer gibt Ihnen das Recht, in Ihrem neuen sogenannten Krimi einen aufgeblasenen, alkoholkranken, durch und durch unsympathischen Literaturkritiker auftreten zu lassen, welcher sich nicht zu blöd ist, beim Würstelstand den Finger zu erheben, weil es auf der Speisekarte nicht "Peperoni" heißen soll, sondern Pfefferoni?Thomas Raab: Dieses Recht gibt mir keine "Lebensmüdigkeit" oder gar der "Wagemut", sondern die plötzliche Einsicht: Raab, du Depp, da suchst du für deinen Metzger ewig nach einem spannenden Milieu und übersiehst völlig das eigene: Die eitlen Diven, die Sensibelchen ... Ich meine natürlich NICHT Kritiker, sondern Autoren, also mich selbst ... "
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... aber zunächst hängt in der Selchkammer der Fleischhauer Woplatek.Er war der Wiener Wurstkönig, medial überpräsent mit seinen ständig wechselnden jungen Ehefrauen.Und ein Schwein war er.Es regt die Leute, die ihn kannten, nicht auf, dass er als Geselchtes endete.
Möbelrestaurator Willibald Adrian Metzger kannte Metzger Heinz Woplatek, deshalb hat er ja seinen ungesunden Leberkäsbauch.
Und jetzt kann sich jeder aussuchen, weswegen dieser siebente Teil der Serie bloß "Der Metzger" heißt.
Ist aber wurscht.
Blunzn. (Noch nie hat dieses Wort so schön gepasst!)
Wichtig ist allein: Der Woplatek hatte einen lieben Sohn, den er verstieß, da war Hansi erst 12. Denn Hansi wollte Schriftsteller werden, und Woplatek sen. war der (irrigen?) Meinung, das gehe auf keine Wursthaut. Er steckte den Buben ins Internat.
Heute ist Hansi als Thrillerautor berühmt.
Durchaus möglich, dass er seinen Alten getötet hat.
Allerdings ... ist der Hansi längst tot. Selbstmord. Wieso schreibt er dann Thriller?
Damit ist Raab im Literatur-Betrieb angelangt und kann sich bei Seinesgleichen austoben – wir lernen: Wer nicht weiterhin faden Nasenraumel essen will, der schreibe einen Krimi.
Dankeschön.
Im Sand
Seltsam: Schon Teil sechs, "Der Metzger kommt ins Paradies" über die Strandverkäufer an der Adria, überraschte, weil man noch immer nicht genug hatte von den G’schichten mit ihren Aus- und Abschweifungen.
(Obwohl der süße Pekinese mit Mascherl, der im Sand vergraben wurde ... so was Brutales wollen wir nicht mehr lesen, gell!)
Dieser Spaß am Blödeln, dieses Draufpfeifen, ob es einen Kritiker wie im aktuellen Buch den Hofer gibt, der Raab plus Metzger verreißt ... das ist derart gewinnend, einnehmend, sympathisch.
Da vergisst man, wie sehr sich der Autor diesmal abstrampeln musste, um zu erklären, warum wer was wie.
Im Übrigen ist es wirklich arg, wenn auf einer Wiener Speisekarte Peperoni steht. UND CURRY SCHREIBT MAN MIT ZWEI R!
Thomas Raab:
„Der Metzger“
Droemer Knaur Verlag. 336 Seiten. 20,60 Euro.
KURIER-Wertung: ****
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