Die toten Hornissen vor der Tür sind ein Spiel
Was in "Ein dünner Faden" steht, wird nicht unbedingt Schwung in einen langweiligen Tag bringen.
Nehmen wir jene Erzählung mit den zwei toten Hornissen, die vor der Haustür liegen. Die eine Hornisse liegt mit dem Rücken am Bauch der anderen.
Lässt man sich (trotzdem) darauf ein, wird man erfahren, dass möglicherweise der Sohn die Hornissen derart arrangiert hat.
Als Spiel: Mama und Papa sind tot.
Warum hat die Mutter Angst? Was ist mit dem Sohn los? Wie alt ist der Kerl überhaupt? Darauf wird man im Buch keine Antworten finden. Entscheidendes lässt der Wiener Bernhard Strobel aus. Das macht er immer. Das macht er großartig. In den Leerstellen und Zwischenräumen wachsen erst die "richtigen" Geschichten. Meist sind sie scheußlich.
Party
Es hängt ja alles an einem dünnen Faden.
Die Gesundheit, die Partnerschaft, dass man die Nerven behält ... Der Ehemann, der eine längere Reise unternommen hat, um seinen sterbenden Freund zu besuchen und der bei der Heimkehr entsetzt feststellt, dass seine Frau mit ihrer Freundin Party gemacht hat, explodiert.
Zumindest fegt er das Spielzeug seiner Tochter vom Tisch.
Und wieder muss – nein, darf! – man selbst Antwort geben: Hatten die Frauen in seiner Abwesenheit Sex miteinander?
Bernhard Strobel ist 32. Abgesehen von den Erzählbänden "Sackgasse" und "Nichts, nichts" ist er als Übersetzer des Norwegers Tor Ulven (1995) bekannt, für den selbst am Ende des Tunnels ... Finsternis lag.
Auch Strobel schreibt abseits der (angeblichen) Idyllen. Sein Personal lebt im Wiener Speckgürtel. Es ist oft mundfaul und sehr gereizt. Nur er, der Schriftsteller, bleibt ruhig, mischt sich nicht ein, wundert sich nicht einmal, sondern beobachtet bloß, dass die Häuschen im Grünen nicht unbedingt das Gelbe vom Ei sind.
(Wer kein Dichter ist, darf so etwas schreiben.)
KURIER-Wertung:
INFO: Bernhard Strobel: „Ein dünner Faden“ Droschl Verlag. 152 Seiten. 19 Euro.
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